Timo Züst
Die Ski-Saison bedeutet für den Niederteufner Nick Spörri hauptsächlich eins: die Jagd nach FIS-Punkten. Sie entscheiden über seine Zukunft im Swiss-Ski-Kader. Und über eine mögliche Teilnahme an der Junioren-WM in Norwegen.
Sich im Februar mit Nick Spörri zu verabreden, ist nicht ganz einfach. Der 19-Jährige ist seit Beginn der Ski-Saison ständig auf Achse. In dieser Zeit pendelt er nicht nur zwischen der Sportschule in Davos und seinem Zuhause in Niederteufen. Er ist auch auf der Jagd nach FIS-Punkten. Sie sind im Ski-Sport das Mass der Dinge. Das Punktekonto ist entscheidend für die Teilnahme an grossen Rennen, die Platzierung in der Weltrangliste und die Zukunft im Swiss-Ski-Kader. Sobald also ein passendes FIS-Rennen in erreichbarer Distanz stattfindet, ist Nick Spörri am Start.
Schliesslich klappt es dann aber doch mit dem Kaffee. Die TP trifft das Nachwuchs-Talent an einem späteren Vormittag in Niederteufen – am frühen Morgen hatte er eine Kondi-Einheit an der Sportlerschule Appenzellerland absolviert. Nach dem Mittag wird er nach Les Diablerets im Kanton Waadt aufbrechen. Austragungsort eines anstehenden Rennens. «Sorry, dass es derzeit so schwierig ist. Die Planung ist nicht ganz einfach», sagt er zur Begrüssung mit einem verzeihenden Lächeln.
Aufstieg ins C-Kader
Das Ziel jedes Schweizer Nachwuchs Ski-Fahrers ist das Swiss-Ski-Kader. Egal ob C, B oder A: Wer hier dabei ist, hat die Chance auf eine Zukunft als Profi. «Die Aufnahme ist C-Kader war das grosse Ziel der letzten Saison», erzählt Nick Spörri. Um dem näher zu kommen, musste er auf eine Disziplin verzichten: die Abfahrt. Oder «Speed», wie er es nennt. Grund: eine hartnäckige Verletzung am Schienbein. «Auslöser war wohl ein eigentlich harmloser Schlag an die Ski-Schuh-Kante. Ich könnte nicht einmal sagen, wann es passiert ist.» Es war dann wohl die Dauerbelastung der Rennen und Trainings, die daraus eine zähe Entzündung werden liess. «Es ging so weit, dass ich manchmal trotz zwei Schmerztabletten nicht fahren konnte.» Auch die Experimente mit Innenschuh-Polstern brachten nur teilweise Linderung. Schliesslich entschieden er und seine Trainer sich dafür, eine Saison auf die Speed-Disziplin zu verzichten. Dabei stand zwar die vollständige Genesung im Vordergrund – bei der Abfahrt muss das Schienbein deutlich stärkere Schläge absorbieren – aber die Fokussierung machte auch taktisch Sinn. Denn die technischen Disziplinen sind für die FIS-Punkte um einiges relevanter. «Die Rechnung ging glücklicherweise auch auf.» Nick Spörri startete diese Saison zum ersten Mal im C-Kader von Swiss-Ski.
Mehr Taktik
«Auf unserem Niveau ist die Abfahrt schwer einzuschätzen. Man geht in die Hocke und rast runter. Unten ist man dann entweder etwas schneller oder langsamer als die anderen – ohne genau zu wissen, warum.» Der Verzicht auf die Speed-Disziplin ist Nick Spörri nicht allzu schwergefallen. Er fühlt sich im Slalom und Riesenslalom daheim. In der technischeren und dynamischeren Disziplin. Auch deshalb hat er beschlossen, die Taktik der Vorsaison weiterzuziehen. Bis jetzt scheint der Plan aufzugehen. «Bis auf ein kleines Zwischentief im Dezember läuft es gut.» Das gilt nicht nur für die FIS-Rennen, wo er in seiner Altersklasse weltweit auf Platz 8 rangiert. Auch an den U21 Schweizermeisterschaften in Gstaad von Ende Januar war Nick Spörri erfolgreich – er fuhr auf den dritten Rang. Was kommt als nächstes? «Es stehen nun natürlich noch einige Rennen an. Und ganz spannend wäre die Junior-WM.» Die WM wird vom 5. Bis 15. März in Narvik im Norden Norwegens ausgetragen. Noch ist nicht klar, ob Nick Spörri dafür aufgeboten wird. Ausschlaggebend sein, wird die Performance in den anstehenden Rennen. «Falls ich auf dieser grossen Plattform starten darf, wäre eine Top 16 Platzierung natürlich sensationell.»
Privates und Schule
Der 19-jährige Nick Spörri absolviert in Davos das Sportgymnasium. Anders als die klassische Kanti dauert es hier nicht vier, sondern fünf Jahre bis zur Matura. Grund dafür sind die vielen Trainings- und Wettkampf-Abwesenheiten. «Die Entscheidung nach Davos zu gehen, war sicher die richtige. Ich bringe dort Schule und Training gut unter einen Hut.» Normalerweise fährt er jeweils am Sonntagabend nach Davos und kommt an Donnerstagabend nach Niederteufen zurück – im letzten Jahr ist am Freitag schulfrei. Während der Saison ist allerdings alles anders: «Allein im letzten Quartal war ich 28 Tage wegen Wettkämpfen abwesend.» Und auch ein vollständiges Wochenende zuhause ist in diesen Monaten selten. Bleibt da Zeit für Freunde, Ausgang und andere Hobbys? «Während der Saison ist Ausgang kein Thema. Aber im Frühling oder im Sommer nehme ich mir ab und zu schon einen Abend raus.» Auch «freies Skifahren» ohne Slalom-Tore versucht er regelmässig einzubauen. Darauf pocht auch sein Vater Werner Spörri – selbst ehemaliger Weltcup-Fahrer. Die grosse Erfahrung des Vaters kommt dem Nachwuchs-Talent bei Analyse und Vorbereitung zugute. «Es hilft sehr, dass er die Probleme und Herausforderungen versteht. Aber natürlich weiss er auch, wenn ich etwas falsch gemacht habe», sagt Nick Spörri schmunzelnd.
Zukunft
«Klar, ich habe eine Vorstellung. Gute Saison im C, irgendwann ins B und dann vielleicht ins A. Aber es kann viel passieren.» Diesen Sommer schliesst Nick Spörri das Sportgymnasium ab. Danach geht es möglicherweise für einen Monat nach Neuseeland – dort finden dann FIS-Rennen statt. Anschliessend hat er rund einen Monat Pause bevor die neue Saison beginnt. «Nachher geht es sowieso wieder Schlag auf Schlag.» Wie seine berufliche Zukunft aussieht, weiss er noch nicht. Klar ist nur: Der Ski-Sport steht momentan unverrückbar an erster Stelle.