«Eigentlich realisiere ich es noch gar nicht wirklich. Dass ich an einer Weltmeisterschaft war.» Alexandra Höhener hat zwei turbulente Wochen hinter sich. Seit dem 4. September war sie für die Berufsweltmeisterschaften im Einsatz. Erste Station: das Schweizer «Precamp» in Genf. Da ging es um letzte Vorbereitungen, Training, mentalen Fokus. «In meinem Fall stand allerdings Auskurieren auf dem Programm. Ich kämpfte da noch mit einer Grippe.» Immerhin: Rechtzeitig zum Start in Lyon war die 22-jährige Teufnerin wieder fit. Zum Glück. Denn als Malerin war für sie der «Einrichtungstag» am Montag – zwei Tage vor dem eigentlichen Wettkampf – genauso wichtig wie die späteren Arbeiten. «Die Wände bzw. Platten waren bereits gestellt. Aber wir mussten den Untergrund noch bearbeiten.» Das bedeutet: alle Unebenheiten «ausspachteln», Schleifen, Aufrauen. Wirklich ernst galt es dann ab Mittwoch. Die 24 Teilnehmenden der Dekorationsmaler-Kategorie hatten ab dann 22.5 Stunden Zeit (über vier Tage verteilt), um ihre jeweiligen Wände zu Bemalen.
Technik und Tempo
Alexandra Höhener stand in Lyon vor einer Mammutaufgabe in sechs Teilen (siehe Foto): die Tür, die Tapete, das Farbmuster, das Eigendesign und schliesslich das Lyon-Logo. Die Tür galt es zu bemalen. Nach strengen Vorgaben: Blau mit Roller, weisser Rahmen frei mit Pinsel, Rot mit Spritzpistole. «Bei der Tapete war vor allem die Raum-Ecke kompliziert. Da muss man richtig einschneiden, damit kein Muster ‘verloren geht’.»
Die Herausforderung beim Farbmuster bestand im händischen Mischen der Farbe – mit regelmässigen Abstufungen. «Normalerweise gelingt mir das recht gut. Aber in diesem Fall habe ich sehr lange gebraucht.» Das Eigendesign wurde von den Teilnehmenden entworfen. Wichtig war hier: Es müssen genügend verschiedene Techniken angewendet werden. Alexandra Höhener entschied sich fürs Spachteln (Kuh), einen Farbverlauf (Himmel) und eine spezielle Folierung-Technik (restlicher Bildbereich).
Aber die eigentliche Krux war das «WorldSkills»-Logo. «Das mussten wir via Raster auf diese Grösse bzw. die Wand übertragen und dann frei malen. Dazu kam das ‘Lettering’, das ist das Malen bzw. Applizieren des Schriftzugs mit Negativschablone.» So weit zwar schwierig, aber möglich. «Das Problem waren die Farben: Sie haben einfach nicht richtig gedeckt.» Die Organisatoren beschlossen deshalb, den Malerinnen und Malern eine halbe Stunde mehr Zeit (22.5 statt 22 Stunden) zu geben. «Perfekt habe ich es aber dann doch nicht hingekriegt.»
Knapp am Podest vorbei
Ganz ohne Druck ging Alexandra Höhener nicht in diesen Wettkampf. Als sie vor zwei Jahren an den «SwissSkills» Gold gewann, sagte sie der TP: «Ob ich in Lyon teilnehme, weiss ich noch nicht. Ich lasse das jetzt erstmal alles ‘sacken’ und schaue dann wieder.» An das Gefühl von damals erinnert sie sich noch gut. «Im ersten Moment dachte ich: So etwas mache ich nicht nochmal. Dieses Wettkampfumfeld ist schon nicht ohne.» Schliesslich entschied sie sich dann aber doch für eine Teilnahme an den «WorldSkills».
Was war ausschlaggebend? «Wenn ich es nicht gemacht hätte, hätte ich das sicher irgendwann bereut. Wenn man so eine Chance bekommt, sollte man sie auch wahrnehmen.» Aber es ist eben nicht nur Chance, sondern auch Verantwortung. Denn die Schweiz hat einen Ruf zu verlieren. Ihre Delegation schliesst an den Berufsmeisterschaften – Europa und Welt – meist sehr gut ab. Insbesondere bei den handwerklichen Berufen. «Eine Medaille wäre deshalb schon sehr toll gewesen. Mir hat zwar niemand Druck gemacht. Aber man hat ja auch selber Erwartungen.»
«Es war eine super Erfahrung, ich habe viele tolle Leute getroffen, viel gesehen, viel gelernt.»
Ein Wettkampf ist aber eben auch immer eine Ausnahmesituation. «Ich wusste, dass es knapp wird.» Schliesslich hat es für Alexandra Höhener für den 4. Rang gereicht. Damit ist sie die beste Teilnehmerin aus dem Appenzellerland. Und schrammte um nur 6 Punkte (728 vs. 734) am dritten Platz vorbei. «Klar ist man da auch etwas enttäuscht. Aber die Bewertung geht in Ordnung. Das war schon richtig so. Und generell überwiegen die positiven Gefühle. Es war eine super Erfahrung, ich habe viele tolle Leute getroffen, viel gesehen, viel gelernt.»
Empfang der Gemeinde
Die Gemeinde lud Alexandra Höhener am Dienstagabend zu einem Empfang mit Apéro im Gemeindehaus ein. Gemeindepräsident Reto Altherr gratulierte der 22-jährigen Malerin zu ihrem Erfolg in Lyon und überreichte ihr zur Feier einen stattlichen Blumenstrauss.