Abwarten und Tee trinken

03.02.2024 | Nerina Keller
hanspeter michel (4)
Hanspeter Michel hat allerlei gute Mittel gegen Erkältungen, wie hier sein Hustentee. Fotos: nek

Termine werden abgesagt und Kollegen fallen aus. Im Zug wird gehustet und «geschnuddert». In den Zeitungen liest man von Langzeiterkältungen und vielen Atemwegserkrankungen. Die TP hat bei Drogist Hanspeter Michel nachgefragt, was da dran ist. Und was hilft, wenn die Erkältung gefühlt «ewig» dauert.

Herr Michel, ich bin seit Wochen erkältet. Muss ich mir langsam Sorgen machen?

Viele Menschen haben das Gefühl, sie hätten eine schlimme Langzeiterkältung, wenn sie mal zehn Tage lang husten. Dabei kann eine akute Bronchitis leider durchaus sechs bis acht Wochen dauern. Es ist also eigentlich völlig normal, nicht nach ein paar Tagen wieder vollkommen gesund zu sein. Und eine «Schnuddernase» und Husten gehören auch ein bisschen zum Winter. Im besten Fall also erstmal ruhig bleiben und Michels Hustentee trinken. Aber ich bin selbst auch nicht der Geduldigste. Darum verstehe ich, dass es manchmal nicht schnell genug gehen kann.

Ist Corona noch ein Thema in der Drogerie?

Es geht immer noch vielen die Frage durch den Kopf, ob sie Covid haben oder nicht. Mittlerweile hat sich das Virus aber derart abgeschwächt, dass sich eine Infektion kaum noch von einer herkömmlichen und seit Jahrzehnten bekannten Corona-Infektion unterscheiden lässt. Es gibt mehr als 200 verschiedene Erkältungsviren, zu denen neben den Coronaviren auch sogenannte Rhinoviren, Adenoviren oder Enteroviren gehören. Wenn sich Symptome wie Husten, Halsweh oder Schnupfen bemerkbar machen, können das immer alle möglichen Erreger sein. Ob diese Erkältungssymptome nun durch Corona- oder andere Viren ausgelöst worden sind, ist nebensächlich – die Therapie bleibt dieselbe. Tee trinken, vielleicht etwas gegen den Husten einnehmen, inhalieren und sich etwas mehr Ruhe gönnen.

Gibt es mehr solcher Langzeiterkältungen als früher?

Vermutlich gibt es zahlenmässig nicht mehr. Und oft ist es auch nicht eine einzige Erkältung, die lange dauert, sondern es sind viele kleine Infektionen nacheinander. Da kann schnell das Gefühl entstehen, schon ewig krank zu sein. Aber die Reaktionen und der Umgang damit sind anders geworden.

Nämlich wie?

Die vergangenen Jahre haben schon was gemacht mit unserer Gesellschaft. Und es muss immer alles schnell und reibungslos wieder funktionieren. Zudem hat die Pandemie sensibilisiert und die Wahrnehmung in Bezug auf Gesundheit und Kranksein geschärft. Wenn jemand hustet, weckt das bei manchen immer noch ungute Gefühle. Und die Massnahmen wie Abstand, Masken und so weiter haben wohl das Ansteckungsrisiko gesenkt, unserem Immunsystem gleichzeitig jedoch einen Bärendienst erwiesen.

«Unser Immunsystem arbeitet ähnlich wie die Feuerwehr; wenn es gut funktionieren soll, muss es ständig beübt werden.»

Weshalb?

Unser Immunsystem arbeitet ähnlich wie die Feuerwehr; wenn es gut funktionieren soll, muss es ständig beübt werden. Damit im Ernstfall die Erreger rasch erkannt und bekämpft werden können. Während der Pandemie kamen diese Übungen nicht mehr so oft vor wie ehedem, was unser Immunsystem schwächen kann.

Und was kann man generell tun, um das Immunsystem zu stärken?

Frische Luft, genügend Bewegung, viel trinken sowie eine ausgewogene, basenreiche Kost mit viel frischem Obst und Gemüse. Das sind eigentlich einfache Tipps, die aber langfristig für eine gute Gesundheit sorgen.

Und gibt es auch ein «Immunsystem-Wundermittel»? Ingwer wird zum Beispiel in allen Formen konsumiert.

Ingwer ist auf jeden Fall super. Er ist sehr entzündungshemmend und – zumindest gemäss in-vitro-Studien – wirksam gegen Rhinoviren (siehe oben). Auf das Immunsystem hat Ingwer aber keine direkte Auswirkung. Hier helfen Pflanzenextrakte, die eine immunmodulierende Wirkung haben. Das sind zum Beispiel Echinacea, Rosenwurz, Taigawurzel oder – die wohl potenteste Immunpflanze überhaupt – Katzenkralle. Gerade bei Atemwegserkrankungen gibt es in der Phyto- und Aromatherapie viele Pflanzen mit einer spektakulären Wirkung!

«Allgemein gilt aber, dass fiebersenkende Mittel den Genesungsprozess eher verzögern. Weil der Körper dann nicht voll arbeitet, um die Viren loszuwerden.»

Und welche sind das?

Thymian zum Beispiel oder Efeu, um nur zwei der bestdokumentierten Arzneipflanzen zu nennen.

Also der Efeu, der an allen Fassaden wächst?

Genau. Man sollte ihn aber trotzdem nicht eifrig selbst ernten und irgendwelche Präparate herstellen. Das kann unter Umständen Hautreizungen verursachen. Wir haben zum Beispiel einen kombinierten Efeu-Sirup als pflanzliches Heilmittel gegen Husten und Bronchitis.

Was sollte man wirklich bleiben lassen, wenn die Erkältung nicht abklingen will?

Da plädiere ich für gesunden Menschenverstand und Respekt dem eigenen Körper gegenüber. Erlaubt ist, was guttut. Und das andere sollte man besser bleiben lassen. Nach einem zweistündigen Marsch über Stock und Stein fühlt sich wohl niemand besser, der leicht fiebrig ist. Das Essen sollte nicht allzu üppig ausfallen, dafür darf umso mehr getrunken werden. Und auch bei fiebersenkenden Mitteln rate ich eher zur Zurückhaltung. Vor allem bei Kindern. Da gibt es andere Indikatoren als bloss die Körpertemperatur.

Und welche sind das?

Der Allgemeinzustand und die Trinkmenge. Manche Kinder sind mit 39 Grad fit und spielen oder schlafen scheinbar endlos. Da braucht es auch keine fiebersenkenden Mittel. Wenn das Kind aber nur noch ein Häufchen Elend ist und nicht mehr genügend Flüssigkeit zu sich nimmt, ist es ratsam, hohes Fieber zu senken. Allgemein gilt aber, dass fiebersenkende Mittel den Genesungsprozess eher verzögern. Weil der Körper dann nicht voll arbeitet, um die Viren loszuwerden.

Und wann ist ein Arztbesuch angesagt?

Wenn die Symptome trotz Inhalieren, Hustensirup und Teetrinken über Wochen nicht gelindert werden können und schlimmer werden. Oder wenn sich der Allgemeinzustand plötzlich drastisch verschlechtert. Also hohes Fieber, Atemnot oder Schmerzen beim Atmen auftreten. Wer unsicher ist, kann sich auch einfach mal in der Drogerie seines Vertrauens beraten lassen. Wir Fachleute können im persönlichen Gespräch abschätzen, ab wann es heikel wird und ein Besuch bei der Hausärztin, beim Hausarzt angezeigt ist.

Wie oft müssen Sie jemanden an den Arzt verweisen?

Das kommt durchaus hin und wieder vor. Allerdings können wir die meisten Patienten beruhigen. Wie gesagt: Sechs bis acht Wochen für Atemwegbeschwerden sind zwar eine lange Zeit, aber normal.

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