Petition für den kontrollierten Bau von Sendeanlagen (z.B. Mobilfunk) – Antwort des Gemeinderates
Ausgangslage
Dem Gemeinderat wurde am 20. September 2017 eine Petition für den kontrollierten Bau von Sendeanlagen (z.B. Mobilfunk), welche von 112 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern unterzeichnet wurde, eingereicht. Die Petition regt den Gemeinderat an, eine Planungszone nach Art. 27 des Raumplanungsgesetzes und Art. 54 ff. des Baugesetzes des Kantons Appenzell Ausserrhoden mit dem Zweck zu erlassen, den Bau von Sendeanlagen durch die Gemeinde Teufen langfristig zu planen und entsprechend steuern zu können. Insbesondere sei vorgängig zur Baubewilligung der Standort von solchen Sendeanlagen im Rahmen einer umfassenden Standortevaluation und Interessenabwägung festzulegen. Bis zur rechtskräftigen Umsetzung einer „Planungszone Teufen Sendeanlage“ seien noch nicht bewilligte Neu- und Umbaugesuche von Sendeanlagen zu sistieren.
Gemäss Art. 14 der Gemeindeordnung hat jede Person das Recht, Eingaben an die Behörden zu richten und dafür Unterschriften zu sammeln. Es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. Die Behörden haben die Pflicht, Petitionen inhaltlich zu prüfen und möglichst rasch zu beantworten. Der Gemeinderat hat sich an seiner Sitzung vom 14. November 2017, nach vorgängigen intensiven Abklärungen der Gemeindekanzlei, mit der vorliegenden Petition auseinandergesetzt und diese auch beantwortet.
Die Beantwortung des Gemeinderates
Der Gemeinderat hat Verständnis für die allgemeine Anregung der Petitionäre. Der Bau von Mobilfunkantennen ist vielerorts eine emotionale und umstrittene Angelegenheit. Die tendenzielle Entwicklung in der heutigen Gesellschaft zeigt auf, dass ein Grossteil der Bevölkerung jederzeit einen einwandfreien Handyempfang anstrebt, aber die Nähe zu einer Mobilfunkantenne grosses Unbehagen auslöst. Unabhängig davon muss sich der Gemeinderat bei der Beantwortung der Petition nicht auf emotionale Faktoren, sondern auf die rechtlichen Gegebenheiten stützen.
Wie bereits erwähnt, ist die Petition insbesondere unter den rechtlichen Aspekten zu prüfen. Betreffend Mobilfunkanlagen besteht ein umfangreiches Richterrecht, welches bei der Beurteilung der Petition anzuwenden ist. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei der von den Petitionären angeregten positiven Standortfestsetzung die Interessenabwägung vor dem Hintergrund ästhetischer Aspekte und in Bezug auf die Nutzungsplanung zu erfolgen hätte. Eine Standortfestsetzung unter dem Aspekt des Strahlenschutzes erweist sich bereits im Voraus als unzulässig, weil dieser im Bundesrecht abschliessend geregelt ist. Eine Planungszone stellt eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung dar, welche auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein muss.
Mit Bezugnahme auf das bestehende Richterrecht ist für das Gemeindegebiet Teufen keine rechtskonforme konkrete Planungsabsicht erkennbar, weshalb die anbegehrte Planungszone unverhältnismässig und somit nicht zulässig ist.
Daher kommt der Gemeinderat nicht umhin, die eingereichte Petition abschlägig zu beantworten. Folgend die detaillierten Begründungen zu diesem Beschluss.
Begründungen
Die Planungszonen sind in Art. 54ff Baugesetz (bGS 721.1) geregelt. Innerhalb der Planungszonen darf nichts unternommen werden, was die Planung erschweren könnte. Der Beschluss über die Planungszonen umschreibt im Einzelnen, welche baubewilligungspflichtigen Vorkehren während der Geltungsdauer der Planungszone zu unterlassen sind. Planungszonen können für das ganze Gemeindegebiet, Teile davon oder einzelne Grundstücke beschlossen werden, um Vorkehren zu verhindern, welche die Verwirklichung der laufenden oder beabsichtigten Planung verunmöglichen oder erschweren könnten. Unter Planung sind der Erlass oder die Änderung von Richt- und Nutzungsplänen und den dazugehörigen Reglementen zu verstehen. Die Festsetzung von Planungszonen nach Art. 27 des Raumplanungsgesetzes und Art. 54 ff des Baugesetzes des Kantons Appenzell Ausserrhoden bewirkt eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung und ist daher mit Art. 36 der Bundesverfassung (BV) nur vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt, verhältnismässig ist und den Kerngehalt unangetastet lässt.
Im Rahmen ihrer bau- und planungsrechtlichen Zuständigkeit sind Kanton und Gemeinden grundsätzlich befugt, Bau- und Zonenvorschriften in Bezug auf Mobilfunksendeanlagen zu erlassen, sofern sie die bundesrechtlichen Schranken, die sich insbesondere aus dem Bundesumwelt und -fernmelderecht ergeben, beachten. Aus der bundesrechtlichen Rechtsprechung ergeht, was als Negativ- oder Positivplanung überhaupt möglich ist. In Gebieten ausserhalb der Bauzonen wird die Standortgebundenheit einer Antennenanlage zur Versorgung des Baugebietes nur in Ausnahmefällen bejaht. Antennenstandorte sind daher in der Regel im Baugebiet festzulegen. In BGE 133 II 353 hielt das Bundesgericht im Zusammenhang mit dem Erlass einer Planungszone fest, dass eine Vorschrift, die im überbauten Gebiet einem weitgehenden Verbot von Mobilfunkanlagen gleichkommt, mit der Fernmeldegesetzgebung des Bundes unvereinbar sei. So müsse nach Art. 1 Abs. 2 lit. a des Fernmeldegesetzes (FMG) unter anderem eine zuverlässige und erschwingliche Grundversorgung mit Fernmeldediensten für alle Bevölkerungskreise in allen Landesteilen gewährleistet werden. Mobilfunkanlagen seien in der Bauzone grundsätzlich zonenkonform, soweit sie der Abdeckung derselben dienten. Wenn Antennen einschränkenden Planungsvorschriften unterstellt werden, habe dies grundsätzlich explizit und unter Berücksichtigung der Fernmeldegesetzgebung zu geschehen. Denkbar sei z.B. eine Anordnung, wonach in einem bestimmten schutzwürdigen Gebiet oder auf gewissen Schutzobjekten keine Mobilfunkanlagen erstellt werden können (Negativplanung). Auch die Anwendung einer allgemeinen Ästhetikklausel sei nicht ausgeschlossen.
Als zulässig erscheine es ferner, baupolizeilich vorzuschreiben, dass die Erstellung von Mobilfunkanlagen eine Standortevaluation voraussetze, wobei die Baubewilligungsbehörde den Baustandort im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung festzulegen habe. Dadurch erhielten die Behörden ein – wenn auch mit bundesrechtlichen Einschränkungen verbundenes – Steuerungsinstrument, welches das frühzeitige Zusammenwirken zwischen Mobilfunkbetreibern und Behörden fördere. Erwiesen sich bestimmte verfügbare Standorte in einer Gemeinde als besonders vorteilhaft, sei auch eine positive Standortfestsetzung möglich.
Bei der von den Petitionären angeregten positiven Standortfestsetzung ist zu berücksichtigen, dass die Interessenabwägung vor dem Hintergrund ästhetischer Aspekte und in Bezug auf die Nutzungsplanung zu erfolgen hätte. Zulässig wäre beispielsweise ein Kaskadenmodell, das Mo-bilfunkanlagen in erster Linie in den Arbeitszonen, in zweiter Linie in den übrigen (gemischten) Bauzonen, in dritter Priorität in den Wohnzonen zulässt (BGE 138 II 173). Oder ein Kaskadenmodell, in welchem eine Anlage in der reinen Wohnzone nur dieser dienen darf.
Die Festsetzung von Planungszonen bewirkt eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung und ist daher mit Art. 36 BV nur vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt, verhältnismässig ist und den Kerngehalt unangetastet lässt. Das öffentliche Interesse setzt voraus, dass eine einigermassen verfestigte und begründete Planungsabsicht besteht und dass die Vorstellung über die künftige Planung zulässig ist. Es versteht sich von selbst, dass der vorsorgliche Schutz für Massnahmen, die mit dem übergeordneten Recht oder der übergeordneten Planung im Widerspruch stehen, nicht im öffentlichen Interesse liegen kann.
Nach dem rechtskräftigen Zonenplan der Gemeinde verfügt die Gemeinde nicht über grössere isolierte Gewerbe- oder Industriegebiete. In den einzelnen Ortsteilen sind jeweils reine Wohnzonen, Mischzonen und Gewerbezonen vorhanden. Eine positive Standortplanung, bei welcher eine Interessensabwägung in Bezug auf die Nutzungsplanung vorzunehmen ist, würde sich nicht als durchführbar erweisen. Die geplante Mobilfunkanlage, welche die Diskussion innerhalb der Gemeinde und wohl auch die Petition auslöste, befindet sich denn auch in der Gewerbezone GE I. Ein Kaskadenmodell, dass eine Antennenanlage in der Wohnzone nur dieser dienen darf, ist in einer Appenzeller Streusiedlung nicht angezeigt und würde die bereits heute oft kritisierte Erschliessung ausserhalb der Bauzone negativ beeinträchtigen. Eine Planungszone, die sich auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckt, kommt einem generellen Verbot von Mobilfunkanlagen gleich. Solch ein generelles Verbot von Antennenanlagen ist im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einer gesicherten Versorgung mit Fernmeldediensten unverhältnismässig.
In Bezug auf die sofortige Sistierung von laufenden Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass eine allfällige Planungszone das einzige Mittel wäre, diesem Anliegen nachzukommen. Gemäss Art. 3 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (bGS 143.1; abgekürzt VRPG) sorgen die Behörden für eine beförderliche Behandlung. Im Übrigen erlaubt die Fernmeldegesetzgebung des Bundes ohnehin keine mit dem pauschalen Hinweis auf eine Planungszone begründete Nichtbehandlung oder Sistierung.
Für eine Sistierung ohne Planungszone mangelt es in jedem Fall an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Die Petitionäre regen an, vorgängig einer Baubewilligung den Standort einer Sendeanlage im Rahmen einer umfassenden Standortevaluation und Interessenabwägung festzulegen. Für den Schutz vor nicht ionisierender Strahlung, die beim Betrieb ortsfester Anlagen erzeugt wird, hat der Bundesrat die NISV (Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung) erlassen. Diese Verordnung regelt insbesondere die Immissionen von Mobilfunkanlagen abschliessend. So hat das Bundesgericht beispielsweise ein Verbot von Mobilfunkanlagen bei Schul- und Sportanlagen als unzulässig bezeichnet. Die entsprechende Anregung zur Sistierung von noch nicht bewilligten Baugesuchen wäre somit unabhängig der grundsätzlichen Beantwortung der Petition von Rechtswegen ausgeschlossen.
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