Schätzungsweise rund 100 Vernissage-Gäste drängten sich zwischen den 50 Schränken, die für ein halbes Jahr das Mittelgeschoss des Zeughauses bevölkern. Sie sind Teil einer Ausstellung, die parallel mit dem Kunstmuseum St. Gallen an beiden Orten durchgeführt wird.
Der erste Eindruck ist überwältigend. Links und rechts wie an einer Perlenkette aufgeschnürt erwarten einen die kostbaren Ausstellungsstücke. Die beiden Kuratoren Marcel Zünd und Ueli Vogt haben für sie einen riesigen anthrazitfarbenen (Spann-) Teppich ausgelegt, der einlädt, sich Zeit zu nehmen, jedes Detail genau anzuschauen, vielleicht sogar in die Knie zu gehen oder gar sich hinzulegen, um den Kasten von Kopf bis Fuss zu studieren.
Weitere Schränke sind im Innenraum zu finden, und auch ein Restaurator hat seine Werkstatt aufgeschlagen und handelt mit Altertum. Zusätzlich gibt es überraschende Kunstwerke von modernen Künstlern, welche mit den Elementen der reichen Bilderwelt spielen, sie verfremden und dadurch neue Zugriffe ermöglichen.
Rolf Degen ist Bildungsdirektor des Kantons Appenzell Ausserrhoden, aber auch Präsident der Stiftung für Appenzellische Volkskunde, welche diese Ausstellung eingerichtet hat. Er zeigte sich glücklich, dass so viele Private sowie Museen sich mit ihren Schmuckstücken beteiligt und diese für die Forschung und nun für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hatten, und dankte auch den Sponsoren und Stiftungen, welche dieses Projekt ermöglichten.
Ueli Vogt, Kurator des Grubenmann-Museums, erzählte über die Vorgehensweise im Forschungsprojekt, das den Fokus auf die sozialgeschichtliche Erforschung der Schränke legte: d.h. bei wem die Möbel standen und was die Malerei darüber erzählt. Das Resultat wird am Sonntag, 29. Juni als Buchpublikation im Zeughaus vorgestellt.
Die Beschränkung auf 50 Schränke sei nicht leicht gefallen – trotzdem ist es ein Quantensprung zur letzten grössere Ausstellung im Volkskundemuseum Stein, wo 2006 15 Schränke präsentiert wurden. Insgesamt schätzt Zünd, dass aus der Epoche zwischen 1690 und 1858 noch rund 1500 Schränke existierten.
Der Direktor des Kunstmuseums St. Gallen, Roland Wäspe, schlug den Bogen zur synchron ausgerichteten Ausstellung in St. Gallen, eine Reverenz an seinen Vorgänger Rudolf Hanhart, welcher sich seit 1956 der Volkskunst annahm, in der festen Überzeugung, „dass Bauernmalerei den Anspruch erheben kann, Kunst zu sein“, und deshalb ins Kunstmuseum gehört.
Weitere Bilder in der
Galerie
Zeughaus, 26. März – 7. September 2014. Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag, Samstag
14 – 17 Uhr / Donnerstag 12 – 19 Uhr / Sonntag 12 – 17 Uhr. Führungen nach Vereinbarung.
Sonntagsspaziergänge im Zeughaus
Jeweils sonntags 14 Uhr, normaler Eintrittspreis, Führung frei:
27. April: Auf der Spur einer zeitgenössischen Wahrnehmung, begleitet durch die Künstler.
18. Mai: Internationaler Museumstag, Familienführung mit Marcel Zünd
15. Juni: Durch die kulturwissenschaftliche Brille, mit dem Kunsthistoriker Jost Kirchgraber
29. Juni: Buchpräsentation «Appenzeller Möbelmalerei 1700–1860» (hier + jetzt Verlag)
27. Juli: Die Welt der Möbelrestaurierung, begleitet durch die Restauratorin Doris Warger
31. August: «Dieser Kasten gehört mir …» , auf sozialhistorischen Spuren mit dem Historiker Thomas Fuchs
7. September: Finissage Was bleibt? Öffentliche Führung mit den Kuratoren
Parallelausstellung im Kunstmuseum St. Gallen
Gleichzeitig im Kunstmuseum St.Gallen zu sehen «BAUERNKUNST
Appenzeller und Toggenburger Bauernmalerei von 1600 – 1900».
22.03.14 – 07.09.14
HINTERGRUND
«Wucht dieser Volkskunst-Gattung aufzeigen»
Das Ergebnis einer dreijährigen Sammlung und Sichtung. weiterlesen…
Erich Gmünder | 18. 03. 2014 | Kultur, Zeughaus | Keine Kommentare |