Zwei ganz unterschiedliche Kandidaten kennengelernt
10.06.2016 | Erich Gmünder
Bildbericht: Erich Gmünder
Die Bevölkerung von Teufen hat am 25. September die Wahl zwischen zwei ganz unterschiedlichen Charakteren und Lebensentwürfen: Der Kandidat des Gewerbes hat eine bewegte berufliche Laufbahn, bezeichnet sich selber mehrmals als impulsiver und emotionaler Mensch und will die Gemeindestrukturen radikal verändern, während der Kandidat der FDP seit 38 Jahren beim gleichen Arbeitgeber arbeitet, seine Worte mit Bedacht abwägt und erst einmal Ruhe und Stabilität zurückholen will. So kurz zusammengefasst die Profile von Beat Bachmann und Reto Altherr.
Am Podium am Donnerstag, 9. Juni im vollen Lindensaal erhielt das Publikum dank gezielten Fragen des Moderators und Voten aus dem Publikum Gelegenheit, sich ein Bild von den beiden Kandidaten für das Gemeindepräsidium zu machen. Organisiert wurde es gemeinsam von den Parteien, dem Gewerbe und den Einwohnervereinen, mit Ausnahme der SVP.
Die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Kandidaten beschränkten sich auf wenige Punkte. Beide haben die Volksschule in Teufen und anschliessend die Handelsabteilung an der Kanti Trogen absolviert, und für beide stellen Familie und Teufen das Zentrum ihres Lebens dar. Und beides sind politisch keine unbeschriebenen Blätter.
Reto Altherr wechselte nach der Kanti direkt ins Bankfach und arbeitet heute als Teamleiter in der Kreditabteilung der gleichen Bank, während Beat Bachmann nach Abstechern in unterschiedlichen Branchen schliesslich ins Mineralölgeschäft seines Schwiegervaters einstieg, bevor er sich nach dem Verkauf des Unternehmens im gleichen Sektor selbständig machte.
Politisch bringt der Kandidat der FDP, Reto Altherr, durch seine langjährige Tätigkeit im Kantonsrat und als Präsident der Finanzkommission parlamentarische Erfahrung und tiefe Einblicke in die kantonale Verwaltung mit und hat sich daneben im TV Teufen ehrenamtlich engagiert, den er auch 20 Jahre präsidierte. Als Gemeindepräsident will er sich dafür einsetzen, dass Teufen eine attraktive und lebendige Wohngemeinde bleibt.
Beat Bachmann gehörte als Parteiloser 10 Jahre der Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde an, aus der er im Gefolge der Entschädigungsaffäre zusammen mit zwei Kollegen per Ende Mai zurückgetreten ist. Er trat mit 20 in die FDP ein und schloss sich später der inzwischen aufgelösten Autopartei an, seither geniesst er seine politische Unabhängigkeit. Seine vielfältige Lebenserfahrung sieht er als Qualität, mit der er die Gemeinde Teufen weiterbringen könnte.
Als Hauptmotiv für seine Kandidatur gibt er die Tätigkeit in der GPK an. Aufgrund dieser Einblicke wüsste er relativ rasch, wo er „den Pickel reinhauen“ sprich ansetzen würde. Zwar sei die GPK in den letzten Jahren einige Male ins Schussfeld geraten („ich bin impulsiv, ich habe Emotionen“), aber am Schluss gehe es ihm immer um die Sache. Die GPK sei nun Vergangenheit, damit habe er abgeschlossen.
Beruflich liesse sich seine unternehmerische Tätigkeit seiner Ansicht nach gut mit dem Gemeindepräsidium kombinieren, da dieses kein Vollamt sei.
Reto Altherr hatte bereits mehrfach die Gelegenheit, sich mit einer möglichen Kandidatur auseinander zu setzen, da er bereits 2010 und später ein weiteres Mal angefragt worden sei. Jetzt sei die Gelegenheit günstig, die Zukunft von Teufen, seinem Lebensmittelpunkt, mitzugestalten.
Beat Bachmann hatte bereits in einem Interview mit den St. Galler Nachrichten seine Vorstellungen von der künftigen Gemeindestruktur geäussert. Aufgrund seiner Einblicke bei der Tätigkeit in der GPK habe er gesehen, dass der Gemeinderat zu stark operativ tätig sei. Er sieht die Rolle des Gemeinderats auf der strategischen Ebene im Sinne eines Verwaltungsrats, welcher die gut dotierte Verwaltung in die Pflicht nehmen und ihr die operative Tätigkeit überlassen würde. Der Gemeinderat könnte auf 3 Mitglieder reduziert werden. Gleichzeitig würde die Schaffung eines Gemeindeparlaments für mehr Transparenz und bessere Kommunikation sorgen.
„Eine Gemeinde ist kein Konzern“
Hier regte sich Widerspruch bei Reto Altherr. Die Appenzeller sähen die Rolle der Gemeinde anders: „Wir sind kein Konzern“. Bei diesem Modell drohe der Gemeinderat die Bodenhaftung zu verlieren und zu einem „abgehobenen Verwaltungsrat“ zu mutieren, der keinen Bezug mehr zur Bevölkerung habe. „Im Moment brauchen wir Stabilität und Ruhe“, sagte Altherr, erst dann könnten die nächsten Schritte angegangen werden. Auch er betonte jedoch die Wichtigkeit der Kommunikation; jeder Entscheid müsse transparent kommuniziert werden.
„Bei all diesen Sachen, die wir aufgedeckt haben, ging es immer um die Sache, das müssen Sie mir abnehmen.“
Mit klarer, offener und transparenter Information und „positiven Taten“ will er auch das verlorene Vertrauen in die Gemeindebehörde zurückgewinnen. Im Kantonsrat habe er vor allem gelernt, zuerst zuzuhören, Meinungen zu sammeln und schliesslich die Entscheide transparent zu kommunizieren, sagte Altherr.
Für Beat Bachmann ist wichtig, zuerst die Vergangenheit aufzuarbeiten und die Fehler zu analysieren, bevor man weitere Schritte vorwärts machen könne, nur so werde der Gemeinderat wieder glaubwürdig.
Der Moderator hakte bei Beat Bachmann ein mit der Frage, ob er als eben erst zurückgetretenes Mitglied der GPK nicht vorbelastet sei, nachdem er seinen künftigen Kollegen vorher „massiv auf die Finger geschaut“ habe. Nachdem die Hälfte des Gemeinderates erneuert werden soll, gebe es nur noch zwei langjährige Mitglieder, sagte Bachmann, und mit ihnen werde er das Gespräch suchen. „Bei all diesen Sachen, die wir aufgedeckt haben, ging es immer um die Sache, das müssen Sie mir abnehmen.“
Kurz-Tunnel als Wahlkampfthema
Viel Zeit nahm die Initiative für ein Kurztunnel ein, die von Beat Bachmann lanciert worden war. „Sind Sie ein schlechter Verlierer?“, wurde er vom Moderator gefragt, mit Hinweis auf die deutliche Abstimmung 2015 über die Tunnelfrage. Die Kurztunnel-Variante sei damals gar nicht zur Diskussion gestanden, jetzt solle der Souverän die Chance erhalten, nochmals darüber abzustimmen, sagte Beat Bachmann. Es sei nicht zu spät.
Ihn habe die Initiative erstaunt, sagte Reto Altherr. Der Gemeinderat habe vom Stimmbürger den Auftrag erhalten, die Doppelspur weiter zu verfolgen. Wenn aber der Stimmbürger seine Meinung ändere, müsse das akzeptiert werden. Allerdings sei noch vieles unklar, insbesondere, was die Finanzierung angehe, was keine gute Ausgangslage für eine Abstimmung sei, sagte Altherr.
Beat Bachmann räumte ein, dass er sich bei den vom Bund erhofften Beitrag von 25 Mio. Franken auf die Zahlen des Vorgängerkomitees abgestützt hatte. Trotzdem sollte es dem Gemeinderat möglich sein, bis Ende Jahr „eine gescheite Vorlage“ vorzulegen – was Reto Altherr als unrealistisch bezeichnete. Es sei nun wichtig, dass einiges mehr als die nötigen 150 Unterschriften zusammen kämen, um Bund, Kanton und Gemeinde ein klares Signal auszusenden, sagte Bachmann.
Doppelspur: Lösungen für das Gewerbe suchen
Wenn die Initiative abgelehnt und damit definitiv die Doppelspur zur Ausführung gelange, möchte Reto Altherr einen Runden Tisch einberufen und klar aufzeigen, was während der Bauphase auf das Gewerbe zukomme. Ihm schweben auch Überbrückungshilfen vor.
Beat Bachmann würde das Nein des Souveräns akzeptieren; er sieht aber den ganzen Gemeinderat in der Pflicht, um Lösungen für das „schwierige Szenario“ während der Bauphase zu finden.
Nach kurzen Antworten zu verschiedenen Stichwörtern wie Sekundarschulhaus, Steuerfusssenkung oder Fusionen war die Reihe am Publikum.
Hier thematisierte FDP-Kantonsrätin Monica Sittaro nochmals die Vorbelastung von Beat Bachmann als ehemaliges GPK-Mitglied. „Wir waren aufsässig, das stimmt, aber wir haben den Auftrag des Volkes wahrgenommen“, sagte Beat Bachmann. Doch er werde auf die Gemeinderäte zu gehen und versuchen, eine Brücke zu schlagen.
FDP-Regierungsrätin Marianne Koller kam nochmals auf die Initiative für einen Kurz-Tunnel zu sprechen. Sie fragte Beat Bachmann, wie er denn als Gemeindepräsident führen könnte, wenn er einen einmal gefällten demokratischen Entscheid nicht akzeptieren könne.
Der Kurztunnel sei bei der Evaluation ausgeschieden, weil er aus Bahnsicht keinen Nutzen gebracht habe, führte die Volkswirtschaftsdirektorin weiter aus. „Wie wollen Sie jetzt mit dem Bund verhandeln? Ohne „Nutzungspfand“ zahlt der Bund nicht.“ Beat Bachmann blieb die Antwort schuldig.
[post_teaser id=“80254″]