Zusammenschluss stärkt die Gemeindeautonomie

06.02.2018 | TPoscht online
baenziger von burg kombo
Interview: Matthias Jäger Die IG Starkes Ausserrhoden hat eine Initiative gestartet, um mit einer Änderung der Kantonsverfassung den Gemeinden eine Fusion zu ermöglichen. Mit Herbert von Burg und Markus Bänziger sind zwei Teufner im Vorstand und im Initiativkomitee der IG. Die Tüüfner Poscht sprach mit ihnen.
Herbert von Burg.
Was bezweckt die IG mit dieser Initiative? Herbert von Burg: Wir wollen die Diskussion um neue Gemeindestrukturen anstossen. Seit 2006 war das im Kanton mehrmals Thema, aber wirklich passiert ist nichts. Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, damit fusionswillige Gemeinden das auch tun können. Die IG stösst aber bewusst direkt keine Fusionen an. Warum braucht der Kanton neue Strukturen? HvB: Historisch entstanden Gemeinden aus den Rhoden. Mit wachsendem Wohlstand wurden neue Kirchen gebaut. Um diese herum entstanden eigenständige Gemeinden. Heute sind Gemeinden politische Entscheidungs- und Verwaltungseinheiten. Das ist nicht dasselbe wie ein Dorf. Wir wollen keine Dörfer und lokalen Identitäten abschaffen, sondern nur die politischen Entscheidungs- und Verwaltungseinheiten den heutigen Lebensumständen anpassen. Warum ist das notwendig? Gemeinden lösen doch schon heute Probleme gemeinsam, z.B. in Zweckverbänden. Im Unterschied zu Fusionen ist das in der Öffentlichkeit positiv besetzt. Markus Bänziger: Das stimmt. Das Problem ist, dass mit der regionalen Zusammenarbeit ein schwer durchschaubarer Flickenteppich entstand. Die einzelnen Trägerschaften sind dem direkten Einfluss von gewählten Behörden und Stimmbürgern entzogen. Regionale Organisationen können Entscheide mit Kostenfolgen für die betroffenen Gemeinden fällen, ohne dass die zuständigen Behörden darüber befinden können. In Teufen werden bis zu 30 Prozent der öffentlichen Aufgaben (z.B. soziale Dienste, SPITEX, Musikschule, Feuerwehr) regional abgewickelt. Das führt zu Demokratiedefiziten. Wenn eine Gemeinde mit Entscheiden eines regionalen Trägers nicht einverstanden ist, kann sie letztlich nur mit (unrealistischem) Austritt drohen. Auch für Mitglieder der Gemeinderäte werden die Aufgaben unübersichtlicher. Sie sind von Amtes wegen in immer mehr Gremien mit weniger Befugnis. Dass kleine und finanzschwache Gemeinden irgendwann fusionieren müssen, leuchtet vielen ein. Aber warum eine starke Gemeinde wie Teufen? Was ist da Anreiz und Mehrwert? HvB: Die Lebensräume, die Verkehrswege, die Pendlerströme und die Herausforderungen für die Raumplanung stimmen heute schon längst nicht mehr mit den politischen Einheiten überein. Fusionen sollten die Verwaltungseinheiten wieder näher an die Lebensräume bringen.
Markus Bänziger.
MB: Gemeindezusammenschlüsse geben den politischen Gemeinden ihren Handlungsspielraum und ihre Autonomie zurück, schaffen bessere Strukturen und bauen Demokratiedefizite ab. HvB: Umgekehrt lassen Fusionen Dörfer und lokale Identitäten nicht verschwinden. In Teufen liegen Lustmühle und Tobel nicht nur distanzmässig weit auseinander, sie haben auch einen anderen Charakter. Bühler läge da weder geografisch noch vom gemeinsamen Lebensraum her weiter weg. Sind tiefe Steuern nicht ein Fusionshindernis? MB: Nicht unbedingt. Fusionen müssen nicht zwingend zu Steuererhöhungen führen. Man kann nicht einfach die aktuellen Steuerfüsse zusammenzählen und davon ausgehen, das arithmetische Mittel ergebe dann den Steuerfuss einer fusionierten Gemeinde. Grössere Verwaltungseinheiten, weniger Ämter, Behörden und Kommissionen verursachen auch tiefere Kosten. Was sind denn Fusionshindernisse? HvB: Der Leidensdruck ist offensichtlich noch nicht gross genug. Mit der Revision des Finanzausgleichs nimmt er vielleicht jetzt zu. Allerdings finden wir es nicht gut, dass der Druck über Sparmassnahmen kommt. Wir sind der Meinung, Strukturbereinigungen und Fusionen sollten freiwillig erfolgen, um Standortattraktivität und Gemeindeautonomie zu stärken. MB: Für mich gehört ein Finanzausgleich zwingend zu einem föderalistischen Staatswesen. Und selbst als Nettozahler im Kanton dürfen wir in Teufen nicht vergessen, dass die Ostschweiz insgesamt vom interkantonalen Finanzausgleich profitiert. Die Diskussion über Strukturreformen und Finanzausgleich muss entkoppelt werden.

Initiative gestartet

Die IG Starkes Ausserrhoden lancierte im Dezember eine kantonale Volksinitiative und will bis im März 2018 1000 Unterschriften sammeln. Heute listet die Verfassung alle Gemeinden namentlich auf. Jede Gemeindefusion bräuchte heute also nicht nur die Zustimmung der betroffenen Gemeinden, sondern eine Verfassungsänderung. Die Initiative will die Kantonsverfassung wie folgt ändern: • Artikel 2: Der Kanton Appenzell Ausserrhoden gliedert sich in Gemeinden. • Art. 103bis: Der Kanton unterstützt und fördert Zusammenschlüsse von Gemeinden im Interesse einer wirksamen Aufgabenerfüllung und eines wirtschaftlichen Mitteleinsatzes. Das Nähere regelt das Gesetz. Weitere Informationen und Unterschriftbogen: www.starkes-ar.ch

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