«Wir denken hier in anderen Zeitfenstern»

15.07.2017 | Erich Gmünder
baustelle lustmuehle doppelspur 14_6 (134)
Bildbericht: Erich Gmünder Es ist zurzeit eine der grössten und sicher die längste Baustelle in der Gemeinde Teufen: Die Kreuzungsstelle bei der Station Lustmühle wird auf 400 Meter verlängert. Gleichzeitig wird ein Bach verlegt und zum Teil offengelegt. Kostenpunkt: rund 7 Mio. Franken. Die Verlängerung der Kreuzungsstelle ist ebenso wie der neue Ruckhaldetunnel eine der Voraussetzungen zur Einführung des Viertelstundentaktes zwischen Teufen und St.Gallen.
Sie sind für die Grossbaustelle verantwortlich: Ralf Stäheli und Roman Knöpfel vom Ingenieurbüro Schällibaum und AB-Projektleiter Richard Signer (v.l.).
Richard Signer ist seit einem halben Jahr bei den Appenzeller Bahnen als Projektleiter Infrastruktur tätig, begleitet wird er bei unserer Baustellenbegehung von Bauleiter Roman Knöpfel und seinem Stellvertreter Ralf Stäheli vom Herisauer Ingenieurbüro Schällibaum. Ausgestattet mit Helm und einer orangen Schutzweste schreiten wir die 400 Meter lange Baustelle ab.
Der Umbau der Bahnstation Lustmühle wird erst bei der Totaleinstellung des Bahnbetriebs im nächsten Frühjahr in Angriff genommen.
Umbau der Bahnstation erst nächstes Jahr Start ist bei der Bahnstation. Eine grosse Infotafel kündigt an, um was es bei der Modernisierung geht und was hier gebaut werden soll: Die Gleisanlage und der Unterstand werden zurückgebaut. Die neuen Perrons werden dem neusten Standard entsprechen: Ebenerdiger sprich behindertengerechter Einstieg und genug Platz zum Ein- und Umsteigen. Die Ausführung erfolgt erst nächstes Jahr, wenn der Bahnverkehr vor der Inbetriebnahme der Durchmesserlinie zwischen Teufen und St.Gallen für ein halbes Jahr ein- und auf Bahnersatz, sprich Bus, umgestellt wird. Die beiden bestehenden Gleise werden nur leicht verschoben. Auf den beiden Perrons wird je ein Unterstand neu erstellt.
Der Bau der ersten Stützmauer. Der Hang dahinter wurde mit Spritzbeton und Nägeln verankert. Die Felsbrocken aus Alpenkalk sind eine halbe bis zu einer Tonne schwer.
Massive Stützmauern Ein lautes Warnsignal kündigt den Bauleuten die Einfahrt des nächsten Zuges an. Die Mitarbeiter des Baukonzerns Implenia sind zurzeit mit der Erstellung der ersten Stützmauer beschäftigt. Riesige Steinblöcke aus Alpenkalk, 500 bis 800 Kilo schwer, werden vom Bagger wie Spielklötze oben aufgesetzt und in Beton verlegt. Der Hang wurde hier abgegraben und mit Spritzbeton gesichert. Davor kommt nun die Natursteinmauer, welche zusätzlich noch mit einer meterdicken Betonschicht verstärkt wird. Hier macht Richard Signer das erste Mal klar, in welchen Dimensionen gedacht wird: «Wir bauen nicht für die nächsten 10 oder 20 Jahre, sondern für die nächsten 50 bis 100 Jahre.» Ein Jahrhundertbauwerk Die Nachhaltigkeit und Langfristigkeit ist auch beim weiteren Baurundgang ein Thema, wenn im Zusammenhang mit der Verlegung des Feldwaldbaches von einem «Jahrhunderthochwasser» die Rede ist. Der Bach musste im oberen Bereich dem neuen zweiten Gleis Platz machen und wurde deshalb einige Meter verschoben. Sowohl die Sohle wie auch die Bachborde bestehen aus schweren Steinen, die eine Erosion auch bei aussergewöhnlichen Unwettern praktisch ausschliessen.
Blick auf die Unterquerung des Feldwaldbaches bei der Einmündung der Hofzufahrt. Der Bahnübergang wird künftig mit Schranken gesichert.
Nach wasserbaulichen Vorgaben wurde auch die Bachunterquerung der Hauptstrasse dimensioniert: Statt wie bisher durch eine Röhre von 80 Zentimeter Durchmesser fliesst das zurzeit friedliche Bächlein durch 1.40 Meter grosse Betonröhren. Mit dem Abschluss der Arbeiten kann im Baubereich ein 100 jährliches Hochwasser schadlos abfliessen. Nachhaltig und naturnah «Bei der Offenlegung wurde darauf geachtet, dass der Bach nicht gerade, sondern leicht geschwungen verläuft, sodass man das künstlich angelegte Bachbett in einigen Jahren nicht mehr als solches erkennt», erklärt Richard Signer. Die Sohlenbefestigung des Bachs wurde mit Kies überschüttet und möglichst natürlich angelegt, dadurch wird das Gewässer schon bald wieder zu einem Lebensraum für Kleintiere. Die Sanierung und Verlegung des Feldwaldbaches erfolgt im oberen Teil auf Kosten der Bahn, im unteren Bereich auf Kosten des Kantons, der dafür rund 1,5 Mio. Franken aufwendet.
Blick in die Gegenrichtung: Die Unterquerung der Hauptstrasse mit dem offengelegten Bach.
Die Unterquerung der Hofzufahrt und der Hauptstrasse sowie die aufwendige Teiloffenlegung dazwischen sind grösstenteils fertig. Auch die Stützmauer wächst kontinuierlich. Sie ermöglicht genügend Raum für den Einbau des zweiten Gleises. Dazu mussten auch die teilweise vom Eschentriebsterben befallenen Bäume gerodet werden, da sie den Bahnverkehr so nahe am neuen Trassee gefährdet hätten.

Beeindruckende Zahlen

Die Baustelle Lustmühle ist neben dem Tunnelbau im Riethüsli und den Anpassungen im Bahnhof St.Gallen zurzeit die zweitgrösste Baustelle der Appenzeller Bahnen. • Aushub: ca. 6’000 m3 • Schüttung/Auffüllung: ca. 4’000 m3 • Fundationsschicht Schotter: ca. 3’400 m3 • Spritzbeton (Böschungssicherung): ca. 1’100 m2 • Steine Bachverbau und Stützmauern: ca. 1’700 t • Konstruktionsbeton: ca. 340 t • ca. 3’000 Bautransporte (Hin- und Rückfahrten)   Arbeiten unter Vollbetrieb der Bahn Um Platz zu schaffen für den Bau einer neuen Stützmauer, wurde das bestehende Gleis am Auffahrtswochenende näher zur Strasse verlegt, «verschwenkt», wie der Fachmann sagt. Dazu wurde der Bahnbetrieb vorübergehend zwei Tage eingestellt.
Der Schutzzaun wurde in der Nacht hochgezogen.
Die weiteren Bauarbeiten bis nächsten Frühling sollen jedoch ohne Beeinträchtigung des Bahnverkehrs erfolgen. Als Sicherheitsmassnahme wird zurzeit ein acht Meter hoher Schutzzaun hochgezogen, damit Bahn und Baustelle sauber getrennt sind und gefahrloses Arbeiten gewährleistet ist. Die Stahlträger stecken vier Meter tief im Boden und der Zaun ist mit einem riesigen, vorhangähnlichen orangen Netz behängt. Diese Arbeiten erfolgen ausserhalb des Bahnbetriebes in der Nacht. Zurzeit sind auf der Baustelle 15 Mitarbeiter beschäftigt, 9 tagsüber, 6 in der Nachtschicht. Auch der Strassenverkehr wird künftig kaum mehr tangiert, die Lichtsignalanlage wurde bereits demontiert. Bei Bedarf kann jedoch kurzfristig eine einspurige Verkehrsführung nicht ausgeschlossen werden. Ökonomisch und ökologisch durchdacht Weit fortgeschritten ist die Aufschüttung für den Einbau des zweiten Gleises. Dafür wurde Aushubmaterial vom unteren Teil der Baustelle sowie von anderen Baustellen der Firma Implenia zugeführt und mit schweren Maschinen so verdichtet, dass es so hart scheint wie Beton. «Diese Lösung ist ökologischer und ökonomischer als der Einbau von Kiesmaterial und erfüllt den Zweck gleich gut», sagt Richard Signer. Jetzt fehlt nur noch die Kofferung mit einer 30 Zentimeter dicken Kiesschicht, damit das Meteorwasser abfliessen kann. Darauf kommen dann der Schotter und die Gleisanlage.
Oben beim Sonnenrank: Richard Signer zeigt, wo die Doppelspur endet und die neue Weiche eingebaut wird. Rechts der verlegte, offene Feldwaldbach.
Ende Oktober 2017 soll der erste Teil der Arbeiten an der Baustelle Lustmühle abgeschlossen sein – rechtzeitig vor dem Winter. Der zweite Teil mit Gleiseinbau und Umbau der Station erfolgt erst bei der eingangs erwähnten Totalsperre des Bahnbetriebes nächsten Frühling. Am 9. Dezember 2018, wenn die Durchmesserlinie ihren Betrieb aufnimmt, werden dann die modernen, flüsterleisen Tango-Züge erstmals im Viertelstundentakt auf der neuen Doppelspurstrecke verkehren.  

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