Befürworter rufen neuerdings zu einem (taktischen) Ja auf. Auch für den Kurztunnel müssten alle erforderlichen Abklärungen getroffen und Berechnungen erstellt werden, damit in einer kommenden Abstimmung bessere Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stünden. Fehlt es an Argumenten für den Kurztunnel, dass die Initianten erneut die Doppelspur angreifen? Geld und Zeit verschwenden für die Idee eines Ein-Spur-Tunnels, die ausser in Teufen keine Befürworter findet, weil sie sich bereits als schlecht erwiesen hat? Da wittere ich eher Verzögerungs- und Verhinderungstaktik. Sowie die alte Parole älterer Autofahrer: Freie Fahrt dem freien Bürger.
Ja, einst. Heute mehr Illusion als Realität – das zeigt der werktägliche Morgenstau vom Riethüsli in die Stadt. Der Individualverkehr befördert meist 1-2 Personen pro Auto; für die vielen braucht es den öV. Die beiden sind gleichberechtigt und ergänzen sich, der erste dank Flexibilität, der zweite dank Kapazität. Doch in Teufen sehen die Tunnelbefürworter die Lösung in der Reduktion des geplanten Doppelspurbetriebs auf einen einspurigen Tunnel. Ist das weitsichtig? Die Orientierungsversammlung vom 3. Mai hat doch überdeutlich gezeigt: Nur das Doppelspurprojekt ist ausgereift. Bei zunehmender Bevölkerung bewältigt der Trambetrieb wachsende Passagierzahlen dank attraktiverem Fahrplan und kürzeren Fahrzeiten. Moderne Niederflurtrams, nicht zu vergleichen mit den bisherigen, sperrigen und lauten Zügen ermöglichen in Teufen an nicht weniger als fünf Haltestellen bequemen, raschen Ein- und Ausstieg.
Hingegen schneidet der Kurztunnel von allen geprüften Varianten am schlechtesten ab, beim Kosten/Nutzen-Verhältnis ohnehin, aber auch, weil nur der flexiblere Doppelspur-Betrieb die Anschlüsse in St.Gallen gewährleisten kann – wichtige Voraussetzung für Pendler. Die Tunnelinitianten bleiben eine praktikable Lösung für die Strecke Tunnelausgang West bis Stofel schuldig. Weiter hätte der Kurztunnel unvermeidlich einen Tiefbahnhof in Teufen zur Folge. Es scheint mir unfair, weil damit ausgerechnet Familien mit Kinderwagen, Alten und Gebrechlichen die Trambenützung beträchtlich erschwert würde. Hingegen kann ein attraktiver Trambetrieb in Stosszeiten sogar von Vorteil für eingefleischte Autofahrer sein. Denn jedes mit 100-150 Personen besetzte Tram bedeutet: 50–100 Autos weniger fahren durchs Dorf. Würden hingegen frustrierte Trampassagiere wieder motorisiert in die Stadt fahren, begänne der Morgenstau wohl schon in der Lustmühle. Und der Lärm im Dorf? Moderne Trams sind leiser als LKWs, Traktoren sowie das Rangieren und Türenschlagen von PWs. Und sie bleiben in ihren Geleisen.
Andernorts werden Poststellen, Bahnhöfe aufgehoben. Das verwöhnte Teufen erhält hingegen ein modernes Tram samt Doppelspur, grossteils aus fremden Kassen bezahlt. Statt Freude oder gar Dankbarkeit viel Protest, Ansprüche, Illusionen. Ist das nicht befremdlich? Der Kurztunnel ist eine unausgegorene, risikoreiche, teure halbe Sache. Er würde die Ausführung eines solid vorbereiteten Projekts massiv behindern und verzögern. Vernunft ist jetzt gefragt, nicht Emotionen. Und die vielen Millionen, die Teufen dank der Doppelspur einsparen kann, statt sie buchstäblich zu verlochen, werden für sinnvollere Vorhaben höchst willkommen sein. Der Kurztunnel bringt Probleme, nicht die Lösung.
Mit einem Nein zum Kurztunnel wird die Bahn frei für die Doppelspur. Sie ist kein Schnellschuss, hat die gewichtigsten Vorzüge, die geringsten Nachteile und ist bereit zur Umsetzung. Warum nochmals eine teure Zusatzrunde drehen? Machen wir doch endlich Nägel mit Köpfen! Sonst könnte es uns gehen wie den Berlinern mit ihrem Flughafen.
Hanspeter Nef, Feld 515