Interview: Timo Züst
Auf das Jahr 2018 sank der Steuerfuss unter 3 auf 2,9 Einheiten. Nun schlägt der Gemeinderat bereits die nächste Anpassung vor: Eine Kürzung auf 2,8 Einheiten. Die Gründe erläutern Gemeindepräsident Reto Altherr und Vizepräsident Markus Bänziger, Präsident der Finanzkommission, im Interview.
Für 2018 rechnete die Gemeinde im Budget mit einem Rechnungsüberschuss von knapp über 100’000 Franken. Ist man auf Kurs?
Markus Bänziger: Ja. Wir erwarten einen positiven Abschluss. Wir haben für 2018 wie jedes Jahr vorsichtig optimistisch budgetiert. Jetzt zeichnet sich ab, dass wir damit richtig lagen. Bei den Steuern setzen sich die positiven Entwicklungen fort.
Im Voranschlag schreiben Sie von bereits spürbaren Auswirkungen der neuerstellten Wohneinheiten bei den Steuern 2018. Wird die Rechnung 2018 gar einen massiven Überschuss aufweisen?
Reto Altherr: Wenn nichts Unerwartetes mehr passiert, werden wir einen Überschuss ausweisen. Wie hoch dieser genau sein wird, können wir aber noch nicht sagen.
Teufen ist bereits heute die steuergünstigste Gemeinde im Kanton. Nun schlägt der Gemeinderat die zweite Steuerfusssenkung in Folge vor – wiederum um 0,1 Einheiten. Warum?
Bänziger: Wir haben in den letzten Jahren sehr zurückhaltend investiert und das Aufwandwachstum reduziert. Auslöser für diese Strategie waren nicht zuletzt die diskutierten Grossprojekte wie Schulhaus und Tunnel. Das Resultat waren sehr gute Abschlüsse. Die Finanzlage der Gemeinde ist deshalb heute sehr komfortabel: Teufen ist entschuldet und hat damit Spielraum für Grossinvestitionen geschaffen. Da sich die Steuereinnahmen am notwendigen Aufwand bemessen müssen, ist eine Anpassung des Steuerfusses angebracht.
Im Budget sprechen Sie von der allgemeinen guten Wirtschaftslage. Inwiefern hat das einen Einfluss auf Teufens Finanzen?
Altherr: Der Anteil von Steuerzahlenden im höheren Bereich ist in Teufen verhältnismässig höher als in anderen Gemeinden. Das bedeutet: Ein gutes Börsenjahr bzw. Wirtschaftsjahr wirkt sich auch überproportional positiv auf unsere Steuereinnahmen aus. Auf der anderen Seite würde uns ein schlechtes Jahr auch härter treffen als andere.
Wieviel macht eine Steuereinheit in Teufen eigentlich aus?
Bänziger: Rund 900’000 Franken.
Sie erwarten einen höheren Fiskalertrag als im Budget 2018 – insgesamt 33,4 Mio. Franken (2018: 32,85 Mio. Fr.). Mit anderen Worten: Teufen kann die Steuern senken und nimmt trotzdem mehr ein?
Bänziger: In diesem Fall stimmt das, ja. Grund dafür ist die angesprochene, sehr gute Wirtschaftsentwicklung. Wir erwarten 2019 – im Vergleich zum Budget 2018 – höhere Steuereinnahmen. Durch die Reduktion des Steuerfusses wird dieses Plus zwar kleiner, unter dem Strich bleibt es aber eine erwartete Zunahme.
Trotz der momentan sehr guten finanziellen Situation Teufens sieht die längerfristige Aussicht nicht allzu rosig aus. Bis 2024 rechnen Sie mit Investitionen von insgesamt 63,7 Mio. Franken. Das würde zu einer Neuverschuldung von 44,6 Mio. Franken führen. Liesse man die Steuern da nicht lieber wie sie sind?
Bänziger: Das wäre natürlich auch eine Strategie. Aber Schulden sind grundsätzlich nicht verboten. Sie sind ein notwendiges Instrument zur längerfristigen Bewältigung von Investitionen. Früher hat man erst investiert, wenn man das Geld auf der Seite hatte. Im Jahr 1939 hatte Teufen z.B. ein Vermögen, das drei Jahressteuererträgen entsprach. Heute wären das deutlich über 90 Mio. Franken. Diese Zeiten sind zu Recht vorbei. Das Problem bei dieser Strategie ist, dass dann eine Generation bereits alles für die nächsten bezahlt.
Altherr: Genau. Die heutige Strategie erlaubt eine ausgewogene Verteilung der Kosten auf die heutigen und morgigen Generationen. Wir investieren in die Zukunft, ohne aber nachfolgenden Generationen einen Schuldenberg zu hinterlassen.
Auch der Kanton profitiert vom finanziellen Erfolg der Gemeinde Teufen. Für 2018 liegt der Anteil am kantonalen Finanzausgleich bei 4,34 Mio. Franken. Für 2019 rechnen Sie mit 4,4 Mio. Franken. Wie hoch wird dieser Beitrag noch steigen?
Bänziger: Das kann man nicht so genau sagen. Zwar ist der Beitrag grundsätzlich plafoniert. Da das Steuersubstrat aber auch in die Breite wächst, kann man keine klare Begrenzung angeben. Aber eigentlich geht es dabei um eine staatspolitische Frage. Der Föderalismus bedingt Solidarität. Teufen profitiert seit Jahrzehnten von seiner guten Lage. Da ist es nur richtig, dass wir uns dem Kanton gegenüber solidarisch zeigen. Ausserdem: Wir zahlen zwar für jeden Teufner rund 700 Franken in diesen Ausgleich, Ausserrhoden erhält vom Nationalen Finanzausgleich (NFA) aber über 900 Franken pro Einwohner. Wir profitieren also auch von der nationalen Solidarität.
Altherr: Und was auch oft verwechselt wird: Wir würden nicht weniger bezahlen müssen, wenn wir mehr Schulden hätten. Der entscheidende Faktor ist die Steuerkraft der Gemeinde, nicht das Vermögen.
Eine wichtige Position auf der Ertragsseite ist auch der Transferertrag mit 2,9 Mio. Franken. Was beinhaltet diese Position eigentlich alles?
Bänziger: Diese Position setzt sich aus diversen Beiträgen zusammen. Zum Beispiel: Anteil Strassenverkehrssteuern, Beiträge Bund und Kanton (Schulen), Rückerstattungen Sozial- und Asylwesen etc.
Für den baulichen Unterhalt erwartet die Gemeinde 2019 mit fast 5,4 Mio. Franken deutlich höhere Kosten als noch für 2018 (4,1 Mio. Fr.) budgetiert wurden. Wofür wird das Geld ausgegeben?
Bänziger: Einer der grössten Posten ist das Schulhaus Niederteufen. Da es sich dort um eine reine Sanierung handelt, werden die Kosten entsprechend der Rechnungslegungsvorschriften über die Erfolgs- und nicht die Investitionsrechnung verbucht. Weitere Punkte sind die Heime, die Hechtremise, der Ratssaal im Gemeindehaus oder die Akustik- Decke in der Sporthalle.
Ein Teil sind auch die Strassensanierungen. Sie sollen 2019 rund 570’000 Franken mehr kosten. Warum dieser Anstieg?
Bänziger: Es liegt in der Natur der Sache, dass der bauliche Unterhalt immer eine volatile Grösse ist. Die Gemeinde Teufen besitzt Immobilien, Strassen, Kanalisationen etc. im Wiederverkaufswert von rund 300 Mio. Franken. Geht man nun von einem Sanierungs-Intervall von 60 Jahren aus, kommt man auf Unterhaltskosten von 5 Mio. Franken pro Jahr. Nun sind diese in manchen Jahren etwas höher, manchmal etwas tiefer.
Auch die Spesenentschädigungen innerhalb des Sach- und Betriebsaufwands werden um 30’000 Franken (298’100) höher budgetiert als 2018. Warum?
Altherr: Diese Bezeichnung ist etwas irreführend. Nebst den im Entschädigungsreglement festgelegten Spesen für den Gemeinderat umfasst diese Position auch die Kosten für Exkursionen, Schulreisen und Schullager sowie Schulprojekte.
Die Beleuchtung des Bahnhofareals soll stolze 85’000 Franken kosten. Erhält die Gemeinde keinen Beitrag von den AB?
Altherr: Wir sprechen hier von der neuen Verbindung Bahnhof-Post-Landhaus. Die Kosten umfassen nebst den neuen LED-Lampen auch die Schächte, Grabungen mit rund 220 Metern Länge und die Kandelaber. Die Perron- und Bahnhofbeleuchtung dagegen wird von der Bahn bezahlt.
In mehreren Fällen (Anm. Red.: Altersstrategie, Einwohnerzufriedenheitsumfrage, rechtliche Angelegenheiten oder Gemeindestrassen) sind Sie auf die Unterstützung externer Berater angewiesen. Das soll rund 125’000 Franken kosten…
Altherr: Richtig. Ohne diese externen Dienstleistungen könnten wir gewisse Projekte und Aufgaben schlicht nicht ausführen. Ein Grund dafür sind einerseits fachliches Know-how, das nicht im Haus vorhanden ist und andererseits teilweise auch fehlende Ressourcen. Die ständig voranschreitende Spezialisierung fordert heute in vielen Bereichen Spezialisten: Sei das nun in der IT, im Bau oder im rechtlichen Bereich.
Apropos Auslagerung: Wie waren die Erfahrungen mit der Verpachtung des Badi-Restaurants? Im Budget 2019 rechnen Sie mit Einsparungen von 57’500 bei den Wareneinkäufen, aber auch mit 110’000 Franken Mindereinnahmen wegen der wegfallenden Verkäufe. Hat sich der Schritt gelohnt?
Bänziger: Auf jeden Fall. Mit dem Betrieb des Restaurants hat die Gemeinde früher in drei Monaten 70’000 bis 80’000 Franken Verlust geschrieben. Fast eine 1000er-Note pro Betriebstag. Das geht nicht. Mit der neuen Lösung, und das wissen wir nach dieser Saison bereits, werden wir im operativen Bereich ein Nullsummenspiel machen.
Es soll auch wieder kräftig investiert werden. Bei den Strassen- und Verkehrswegen beläuft sich die geschätzte Summe auf über 3,8 Mio. Franken. Grösste Brocken sind die Ortsdurchfahrt (1,05 Mio. Fr.) und der Investitionsbeitrag an die AB (776’000 Franken). Hat es in diesen zwei Beträgen eine Reserve?
Altherr: Von Reserven will ich nicht sprechen. Allfällige Verzögerungen bei der Ausführung, sei dies wegen Einsprachen oder bautechnischer Art, können aber immer zu Verschiebungen führen.
Die Erschliessung des Unteren Hörli ist gleich zweimal budgetiert. Einmal bei den Strassen (270’000 Franken / 130’000 Franken Bauherr) und einmal bei der Kanalisation (750’000 inkl. Schlatt-Wonnenstein). Erwarten Sie, dass dort bereits 2019 gebaut wird?
Altherr: Da sprechen Sie die Schwierigkeit des Budgetierens an. Natürlich wissen wir nicht mit Sicherheit, was beim Unteren Hörli im kommenden Jahr passiert. Aber wir wissen, dass die rechtliche Grundlage für eine bauliche Entwicklung vorhanden ist. Also müssen wir es ins Budget nehmen. Vielleicht kommt es, vielleicht nicht.