Alexandra Grüter-Axthammer
Ohne Betreuung kein Jugendtreff – das ist für die Jugendlichen klar. Nun wehren sich einige für ihr Anliegen. Sie lancieren eine Petition gegen die bevorstehende Unterbesetzung auf unbestimmte Zeit in der Jugendarbeit, welche die Weiterführung des Jugendtreffs infrage stellt.
Ein umfangreiches Angebot für Kinder und Jugendliche gehört zu den Massnahmen im Kriterienkatalog der UNICEF, welche Teufen bereits zum zweiten Mal als kinderfreundliche Gemeinde auszeichnete. Dazu gehört aber auch Mitbestimmung der Jugendlichen, die sie nun mit ihrer Petition einfordern. Anlass ist die Kündigung der Jugendarbeiterin Claudia Ulmann, die in einer anderen Gemeinde eine Stelle als Schulsozialarbeiterin übernimmt und deshalb ihre 50 Prozent-Stelle bei der KJAT per Ende Juli aufgibt. Diese Stelle soll vorerst nicht besetzt werden, da die Gemeinde diese überprüfen werde, wie Gemeindepräsident Reto Altherr an der Gemeindeversammlung vom 23. Mai bekanntgab.
„Zeitnahe Besetzung“ gefordert
Nun sehen einige Jugendliche das Angebot für die Jungen gefährdet. Ihnen sind der Jugendtreff und dessen regelmässige Betreuung wichtig. Aus diesem Grund treffen sich die drei Jugendlichen, Katja, Michael und Philipp und besprechen, wie sie weiter vorgehen werden. Gemeinsam mit einigen Freunden haben sie eine Petition lanciert. Diese fordert eine «zeitnahe Neubesetzung der ab 1. August 2018 vakant werdenden 50%-Stelle in der KJAT gemäss Volksentscheid 2010.» Damit macht die Petition darauf aufmerksam, dass das Stimmvolk im Jahr 2010 dem Grundlagenkonzept der Kinder- und Jugendarbeit mit 200 Stellenprozent zugestimmt hatte.
Die Jugendlichen haben Unterschriftenblätter dabei. Einige seien bereits im Umlauf, Eltern hätten sich sofort bereit erklärt, einen Bogen mitzunehmen und im Bekanntenkreis Unterschriften zu sammeln.
Michael ist 18 Jahre alt und regelmässig am Freitag im Jugendtreff anzutreffen: «Gleich nach der Arbeit komme ich her bis etwa 21 Uhr, dann gehe ich nach Hause. Hier treffe ich Gleichaltrige oder Jüngere, und auch die Jugendarbeiterinnen sind hier, wenn es mal nicht so gut läuft. Eine gute Durchmischung.» Darum sei für ihn die kirchliche Jugendarbeit auch keine Alternative zum Angebot des Jugendtreffs. «Nur einmal im Monat – das Timeline der reformierten Kirche ist mir zu wenig.»
Selber etwas auf die Beine stellen
Die kirchliche Jugendarbeit sei eine gute Ergänzung, dies bestätigt auch Claudia Ulmann. In der Jugendarbeit der Gemeinde gehe es jedoch darum, regelmässig präsent zu sein, manchmal auch Anlaufstelle zu sein, wenn die Jugendlichen Probleme hätten. Aber es gehe auch darum, nicht nur ein fertiges Programm zu bieten, sondern mit den Kindern und Jugendlichen etwas zu organisieren, selber etwas auf die Beine zu stellen. Wie etwa aktuell die Organisation und Mithilfe beim Mittelaltermarkt. «So werden sie ins Gemeindeleben eingebunden, sie können mitbestimmen und sehen, wie viel Arbeit dahintersteckt. Dabei ist es ist wichtig, dass das begleitet wird», sagt die Jugendarbeiterin.
Ohne Betreuung kein Jugendtreff
«Wir haben in den letzten Jahren so viel aufgebaut, so vieles gemeinsam mit den Jugendlichen gemacht, wie etwa den Jugendtreff umgebaut», sagt sie. Daran liege dem Team der Jugendarbeit viel. Es brauche ein vielseitiges Angebot für Kinder und Jugendliche und dafür auch genügend Betreuungspersonen. Es sei schlichtweg nicht möglich, den Jugendtreff geöffnet zu haben mit nur einer Betreuungsperson. Zumal Maria von Allmen noch in der Ausbildung zur Sozialarbeiterin sei und darum, auch aus gesetzlichen Gründen, nicht alleine sein dürfe mit den Jugendlichen, sagt sie. Bei einem Zwischenfall und speziell an den Freitagabenden, wenn die Jugendlichen auch mal die Grenzen austesten und versuchen würden, Alkohol in den Treff zu schmuggeln, oder alkoholisiert in den Treff kommen möchten, sei die Betreuung alleine unmöglich und auch nicht sinnvoll.
Niederschwellige Beratung
Das Angebot hat sich laufend entwickelt und wurde kontinuierlich ausgebaut. So besuchen jeweils am Mittwochnachmittag bis zu 40 Kinder, von der ersten bis zur sechsten Klasse, den Jugendtreff. «Manche Kinder sind den ganzen Nachmittag bei uns. Wir backen gemeinsam, spielen oder quatschen einfach.» Und genau das sei wichtig, denn in ein paar Jahren sind diese Kinder pubertierende Jugendliche.
«Für eine gewisse Zeit läuft dann alles anders, für die Jugendlichen, die Schule und die Eltern. Jugendliche möchten dann häufig nicht mehr jeden Kummer zu Hause besprechen: Liebeskummer, Fragen zur Sexualität oder auch Fragen zu Alkohol. Wir sind einfach hier, haben Zeit, das Angebot ist sehr niederschwellig», sagt Claudia Ulmann, und genau das werde häufig genutzt von den Jungen. So fänden viele Beratungsgespräche statt, welche spontan entstehen. Nur wenige Jugendliche würden bei Problemen einen Termin bei einer Beratungsstelle vereinbaren und dann auch hingehen, im Jugendtreff könnten genau solche Gespräche stattfinden. Dazu benötige es aber ein ansprechendes Angebot für Kinder und Jugendliche.
Hoffnung auf Unterstützung
Das bestätigt auch Katja, sie besucht den Jugendtreff regelmässig und ist auch in der Kinder- und Jugendkommission dabei. Sie kann nicht verstehen, warum das Angebot reduziert werden soll. Zwar habe die Gemeinde nur von einer Überprüfung der Stelle gesprochen, aber für sie ist klar: «Wenn Claudia nicht ersetzt wird, kann der Jugendtreff nicht mehr so häufig geöffnet sein.»
Für Katja und Michael ist der Jugendtreff genau das geworden – zum Treffpunkt mit Gleichaltrigen in einem ungezwungenen Rahmen. Sie wollen, dass das Angebot nahtlos weitergeführt wird, und haben gemeinsam mit einigen Freunden beschlossen, sich dafür einzusetzen. Auf der Suche nach einer geeigneten Möglichkeit und im Gespräch mit den Jugendarbeiterinnen kamen sie auf die Idee, Unterschriften zu sammeln.
«Wir können damit vielleicht nicht wirklich etwas ändern am Entscheid der Gemeinde. Viele unserer Freunde finden es aber schade, wenn das Angebot reduziert wird. Wenn wir aktiv auf die Leute in Teufen zugehen, auf Erwachsene und Jugendliche, dann erfahren wir, was die Menschen vom Jugendtreff halten. Und wenn viele Leute es nicht gut finden, dass die Stelle länger unbesetzt bleibt und das Angebot reduziert werden muss, dann wird die Stelle der Jugendarbeiterin vielleicht doch schneller wieder besetzt.»
Am 29. Juni 2018 werden die Unterschriften dem Gemeinderat übergeben. Die Jungen hoffen auf zahlreiche Unterschriften, um damit in der kinderfreundlichen Gemeinde mitreden zu können.
Hier geht’s zum Unterschriftenbogen
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Alexandra Grüter-Axthammer
4. Juni 2018
5700 Zeichen.