Nach dem Rückzug von Beat Bachmann ist Reto Altherr alleiniger Kandidat für die Wahl vom 25. September ins Gemeindepräsidium von Teufen.
Unterstützt wird der FDP-Kandidat vom Gewerbeverein und der SP; die SVP hatte sich für den parteiunabhängigen Kandidaten Beat Bachmann ausgesprochen. Was die veränderte Ausgangslage bedeutet und wo Reto Altherr nun seine Prioritäten setzt, erklärt er im Interview.
TP: Nachdem es zuerst nach einem lebendigen Wahlkampf mit zwei profilierten Kandidaten aussah, sind Sie jetzt alleiniger Kandidat und damit praktisch gewählt. Was bedeutet das für Ihren Wahlkampf?
Reto Altherr: Der Wahlkampf an und für sich wird dadurch natürlich ruhiger, von der Sachlage her ändert sich jedoch nichts. Am 25. September ist der Wahltag, auf den ich hinarbeite und hoffe, das Vertrauen der Teufner Bevölkerung zu erhalten.
Was sind die aktuellen Herausforderungen und wie gehen Sie diese an?
Die grosse Fragestellung ist im Moment ganz klar die Ortsdurchfahrt mit der Dorfplatzgestaltung, ein Sachthema, das ich mit breiter Abstützung sachlich angehen will.
Die FDP hat eine Initiative gestartet, in der sie effizientere Strukturen und eine Verkleinerung des Gemeinderates will. Wie stellen Sie sich dazu?
Die Überprüfung der Strukturen ist ein permanenter Prozess, der immer wieder angestossen werden muss. Ich möchte mir aber zuerst selber ein Bild machen, wie der Gemeinderat funktioniert, in der jetzigen Zusammensetzung mit neun Personen. Und wenn ich zum Schluss käme, dass da Handlungsbedarf besteht, würde ich das auch entsprechend initiieren.
Sie seien ausgleichend und konsensorientiert, schreibt die FDP in der Wahlempfehlung. Sie äussern sich eher diplomatisch und ecken damit nirgends an. Besteht da nicht auch die Gefahr, dass der Eindruck entsteht, Sie seien farblos und wollten es allen recht machen, und dass man Ihnen nicht zutraut, auch einmal energisch auf den Tisch klopfen zu können?
Was da beschrieben wird, ist für mich der Weg. Ich probiere möglichst breit an ein Problem heranzugehen, alle Betroffenen abzuholen, und Pro und Kontra abzuwägen. Anschliessend folgt die Analyse und wenn der Entscheid einmal gefällt ist, wird er durchgesetzt. Da habe ich eine klare Haltung, und die kann auch sehr hart sein. (Schmunzelt) Ich kann auch auf den Tisch klopfen, wenn es sein muss.
Beat Bachmann setzt sich als Initiant an vorderster Front dafür ein, dass der Tunnelentscheid nochmals aufs Tapet kommt. Wie stellen Sie sich dazu?
Eine grosse Anzahl von Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern hat sich hinter dieses Volksbegehren gestellt, das ist für mich ein ganz klarer Auftrag, die Frage nochmals detailliert zu prüfen. Der Stimmbürger soll in Kenntnis der effektiven Sachlage entscheiden können.
Ihre persönliche Haltung zu dieser Frage?
Ich bin offen für neue Argumente, und wenn mich diese nach den Abklärungen überzeugen, werde ich den Auftrag positiv entgegennehmen und entsprechend umsetzen. Aber im Moment sind für mich noch viele Fragen offen.
Wie war Ihre persönliche Haltung bei der Abstimmung im letzten Jahr?
Ich habe für die Doppelspur gestimmt, und das ist aktuell der Auftrag, aber jetzt heisst es, das neu abzuklären, und wenn ich all die Informationen habe, werde ich nochmals über die Bücher gehen und neu entscheiden.
Die Initianten kritisieren die Behörden, Sie hätten die Finanzlage zu düster dargestellt, um damit die 30-Mio-Investition für den Langtunnel zwischen Bahnhof und Stofel zu bekämpfen…
Da sind für mich Bemerkungen im Raum, die ich nicht kommentieren kann. Ich habe es anders empfunden. Aus meiner Sicht wurde absolut korrekt informiert.
Teufen verfügt über eine hervorragende Finanzlage, um welche die Gemeinde rundherum beneidet wird. Was bedeutet das für die Zukunft?
Ein geordneter Finanzhaushalt ist einer der positiven Standortfaktoren von Teufen, und dem müssen wir Sorge tragen. Teufen steht aber auch wie anfangs erwähnt vor grossen Aufgaben, die realisiert werden müssen. Das ist mit einem geordneten Finanzhaushalt natürlich viel eher möglich.
Befürworten Sie eine Steuerfusssenkung?
Wenn das überraschend gute Jahresergebnis von einer langfristigen Tendenz ist, dann ist das für mich absolut auch ein Thema, wenn es hingegen nur ein Einmalfaktor gewesen ist, dann ist das kein Thema.
Eine Steuerfusssenkung hat auch negative Effekte.
Ich bin mir natürlich bewusst, dass zwischen dem Steuerfuss und der ganzen Immobiliensituation ein Zusammenhang besteht.
Wie kann der Gemeinderat dazu beitragen, dass Wohnen in Teufen auch für weniger Begüterte möglich ist, zum Beispiel durch sozialen Wohnungsbau?
Markteingriffe kann eine Gemeinde nicht vornehmen. Sie kann punktuell versuchen, einzelne Projekte zu unterstützen, aber sie kann nicht den ganzen Immobilienmarkt kehren. Der Steuerfuss ist überdies nur einer von vielen Faktoren. Ganz wichtig sind auch attraktive Arbeitsplätze in der Gemeinde. Das hat noch einen zweiten Effekt: Leute, die hier arbeiten, engagieren sich auch häufiger politisch oder in den Vereinen, und davon lebt das Dorf. So ist beispielsweise die Feuerwehr auf Leute angewiesen, die auch am Tag erreichbar sind. Jemand, der am morgen früh wegpendelt und am Abend spät nach Hause kommt, hat vielfach die Zeit und die Energie nicht mehr, um sich hier auch noch zu engagieren.
Reden Sie da auch aus eigener Erfahrung? Sie pendeln seit einigen Jahren nach Zürich…
Absolut, ja. Ich gehe morgens um sechs Uhr weg und komme abends meistens um acht Uhr nach Hause. Da will man zuerst einmal ankommen und nicht gleich wieder weg. Teufen soll nicht nur ein attraktiver Wohnort, sondern auch ein attraktiver Arbeitsort sein.
Teufen ist ja bereits ein attraktiver Wohnort, wenn man die vielen Baukräne sieht, was kann man denn noch besser machen?
Teufen soll ein lebendiger Ort sein, wo man wirklich gerne daheim ist. Dazu gehören wie erwähnt ein attraktives Vereinsleben, aber auch Einkaufsmöglichkeiten. Die Aufgabe stellt sich auch im Zusammenhang mit der Ortsdurchfahrt. Wir müssen unserem Dorfkern wirklich Sorge tragen. Beispiel Gewerbe: Den Kunden gewinnen kann nur das Gewerbe selber, aber es muss gute Rahmenbedingungen haben, damit der Kunde auch kommt.
Wenn Sie am 25. September gewählt werden, verfügt die FDP mit Ihnen über eine Zweidrittelsmehrheit im Gemeinderat (6 von 9 Sitzen). Ist diese einseitige parteipolitische Vertretung kein Hindernis?
Nein, absolut nicht, weil auf der Stufe Gemeinde geht es wirklich um die Sache, und da wird keine Parteipolitik gemacht.
Aber die Gemeinderäte erhalten von ihren Parteien auch Aufträge.
Nein (lacht). Ich fühle mich dem Stimmbürger von Teufen verpflichtet, er ist mein Auftraggeber, und ihm bin ich verpflichtet. Ich nehme die Informationen, die kommen, selbstverständlich auf, nicht nur von der FDP, aber ganz klar: Das ist eine überparteiliche Tätigkeit, und da arbeite ich mit allen zusammen. Ich bin offen für jede Gruppierung, ich habe da überhaupt keine Berührungsängste.
Was für persönlichen Stärken werfen Sie in die Waagschale?
Ich habe eine langjährige Führungserfahrung, beruflich mit verschiedenen Teams in verschiedenen Grössenordnungen, aber auch im Sport, sei das im TV, sei das in diversen OK’s. Meine Stärken: Ich kann zuhören, ich kann verschiedene Meinungen bündeln und dann auch umsetzen.
Und Schwächen?
Ich bin vielleicht nicht der sehr kreative Mensch. Aber ich höre zu und nehme die entsprechenden Sachen auf. Ich habe in meinem Umfeld, auch beruflich, immer sehr gerne kreative Leute gehabt, auch wenn ich manchmal sagen musste, das ist leider nicht realisierbar. Hinter gute Ideen habe ich mich immer gestellt.
Sie sind 57, erreichen also just nach Ablauf von zwei Amtsdauern das Pensionierungsalter. Wo steht Teufen im Jahr 2024?
Teufen ist weiterhin eine sehr attraktive Gemeinde, ein attraktiver, lebendiger Wohnund Arbeitsort. Teufen hat ein neues Dorfzentrum und die momentan anstehenden Verkehrsfragen sind gelöst.
Reto Altherr
Geburtsdatum: 28. Dezember 1959
Heimatort: Teufen AR
Familie: verheiratet mit Patrizia, geb. Allenspach, Tochter Larissa
Berufliche Tätigkeiten: Eidg. Dipl. Bankfachmann, Teamleiter Firmenkundengeschäft Credit Services, UBS AG, Zürich
Politische Tätigkeiten: 2007– 2015 Präsident der kantonalen Finanzkommission 2003 – 2015 Kantonsrat Appenzell Ausserrhoden; 1998 – 2011 Mitglied der Finanzkommission Teufen
Ausserberufliche Tätigkeiten: 2017 OK Präsident Appenzeller Kantonalschwingfest 2001 OK Präsident Appenzeller Kantonalturnfest; 1986 – 2006 Präsident TV Teufen
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