Erich Gmünder
Die Energiegenossenschaft Teufen macht Ernst mit der Ankündigung, die Betonwand oberhalb der Umfahrungsstrasse für die Produktion von Solarenergie zu nutzen. Das Projekt wurde bereits von der Gemeinde und vom Kanton bewilligt.
Die Mauer eignet sich aufgrund ihrer südlichen Ausrichtung optimal für die Nutzung von Sonnenenergie; Nachteile sind kaum auszumachen. Zwei Einsprachen von privater Seite konnten denn auch beigelegt werden.
Offen sind zurzeit vor allem noch zwei Punkte: Einerseits die Finanzierung der Investition in der Höhe von 650’000 Franken. Und anderseits, wie der Kanton die Abgeltung der Konzession regelt. Da es bis jetzt keine vergleichbaren Anlagen auf Kantonsgebiet gebe, handle es sich rechtlich um Neuland; die Abklärungen seien am Laufen, sagt Köbi Brunnschweiler.
Die Umfahrungsstrasse gehört als Teil des kantonalen Strassennetzes dem Kanton; deren Nutzung als Produktionsfläche entspricht einem höheren Gemeingebrauch und muss bewilligt und abgegolten werden, analog der Nutzung der Wasserkraft für Kleinkraftwerke.
Für den Kanton hat es nicht grosse Nachteile, im Gegenteil. Durch die Installation der Module, ähnlich wie eine vorgehängte Fassade, werde das Mauerwerk zusätzlich vor der Verwitterung geschützt. Das Sicherheitsrisiko für den Strassenverkehr durch herunterfallende Module sei aufgrund der fixen Installation in einem Aluminiumrahmen gering.
Bei der Finanzierung gab es eine positive Überraschung: Die ursprüngliche Kostenschätzung konnte aufgrund einer Offertrunde von 720’00 auf 650’00 Franken reduziert werden.
Ungünstige Vorzeichen
Allerdings ist die Marktsituation zurzeit nicht günstig, die Strompreise sind im Keller. Die SAK zahlt Produzenten von erneuerbarer Energie 5,9 Rappen pro KWh. Im schweizerischen Vergleich ist dies relativ wenig. Das reicht wohl für den laufenden Betrieb und Unterhalt, jedoch nicht für die Investition.
Laut Köbi Brunnschweiler soll denn auch ein grosser Teil der Investitionen durch Crowdfunding erbracht werden. Die Module sollen zum Stückpreis von Fr. 500 durch Private finanziert werden. Den Differenzbetrag von Fr. 150 pro Modul zum Anschaffungspreis von Fr. 650 soll die Gemeinde durch einen à fonds perdu-Beitrag leisten; ein entsprechendes Gesuch sei bei der Umweltschutzkommission der Gemeinde eingereicht und wohlwollend aufgenommen worden.
Den Investoren wird längerfristig eine Verzinsung in Aussicht gestellt, wenn die Anlage von Swissgrid im Rahmen der KEV (kostendeckende Einspeisevergütung) unterstützt wird. Bei den zuständigen Stellen (Swissgrid) liegt allerdings ein Gesuchsstau vor: Zurzeit sind rund 40’000 Beitragsgesuche hängig; ob und wann das Umfahrungsprojekt unterstützt wird, ist zurzeit offen.
Ökologischer Mehrwert
Den Investoren winkt deshalb vorläufig vor allem ein Bonus im ideellen Sinne: «Wäre doch schön, wenn man als Autofahrer unter der Mauer durchfahren und sagen könnte, ein oder zwei Module hier oben gehören mir und ich leiste damit einen ökologischen Mehrwert», sagt Köbi Brunnschweiler. Denn damit könne der Import von «dreckigem Strom» aus Kohlekraftwerken im Ausland oder von Atomstrom teilweise ersetzt werden.
Abnehmer der SAK können bereits seit längerem wählen, ob sie Naturstrom aus Wasserkraft oder erneuerbaren Energien wie Sonne oder Wind durch höhere Tarife unterstützen wollen. Mit der Finanzierung von Modulen können nun alle selbst zu Solarproduzenten werden.
Produktionslücke
Köbi Brunnschweiler ist durchaus bewusst, dass die Solarstromproduktion tageszeit-, wetter- und saisonabhängig ist und deshalb die Bandenergie von Atom- und Wasserkraft nicht vollständig ersetzen kann. Sie muss, wenn sie nicht vor Ort verbraucht wird, in das Stromnetz eingespeist und gespeichert werden. Dazu dienen vornehmlich Pumpspeicherwerke in den Alpen.
Die lokale Speicherung in Form von Batterien mache jedoch Fortschritte. Zusätzlich könnten die Möglichkeiten der bedarfsgerechten Steuerung durch intelligente Systeme, z.B. bei Boilern, Heizungen, Wärmepumpen oder dem Einsatz von Elektroautos noch besser genutzt werden.
Bei einem anderen Projekt ist die Energiegenossenschaft bereits weit vorangeschritten. Sie hat von der Raiffeisenbank die Bewilligung erhalten, das Flachdach gratis für den Betrieb einer Photovoltaikanlage zu nutzen.
Die Energiegenossenschaft Teufen
Die Genossenschaft wurde 2014 von Martin Ruff, damals Gemeinderat und Präsident der Umweltschutzkommission auf Anregung aus den Energieworkshops aufgegleist. Dem Vorstand gehören an: Köbi Brunnschweiler, ehemaliger Ausserrhoder Regierungsrat und Baudirektor, Präsident; Paul Preisig, Paul Hugentobler, Philipp Schuchter, Stefan Merz, Andreas Küng. Die Administration besorgt Michael Stern, Leiter Energie und Entsorgung der Gemeinde Teufen.
Zweck ist die Förderung und Produktion von erneuerbaren Energien.
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