Am 29. November stimmt Teufen über den Voranschlag 2021 ab. Der Blick in die finanzielle Zukunft der Gemeinde war heuer von noch mehr Ungewissheit begleitet als sonst. Der Grund: Die möglichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Trotzdem will der Gemeinderat den Steuerfuss beibehalten – und rechnet mit einem kleinen Überschuss. Urs Spielmann, Leiter des Finanzressorts, erklärt, wieso.
Hinweis: Die geplante öffentliche Orientierungsversammlung zum Voranschlag 2021 am 11. November findet wie geplant statt – unter Einhaltung der nötigen Schutzmassnahmen. Der Gemeinderat will der Bevölkerung aber auch Alternativen bieten: Sie können sich auch daheim informieren. Mehr dazu in der Box.
Infoveranstaltung auch für Zuhause
Der Gemeinderat teilt mit:
Die gegenwärtige Situation rund um die Ausbreitung des Coronavirus erfordert neue Wege. Damit der politische Beteiligungsprozess weiterhin aktiv gelebt werden kann, haben wir uns entschieden, die Informationsveranstaltung vom 11. November 2020 zum Voranschlag 2021 mit einer digitalen Information zu ergänzen. Die Veranstaltung ist auf 19.30 Uhr im Lindensaal in Teufen angesetzt. Vor Ort gelten Maskenpflicht, Abstands- und Hygieneregeln sowie Contact Tracing. Eine vorgängige Anmeldung im Front Office Teufen (Mail: gemeinde@teufen.ar.ch oder Tel. 071 335 00 11) ist zwingend notwendig. Die Teilnehmerzahl ist auf maximal 50 Personen beschränkt. Aufgrund der angespannten Situation haben wir uns entschieden, den Einwohnerinnen und Einwohnern in Zusammenarbeit mit der «Tüüfner Poscht» Alternativen zu bieten:
Video im Internet: Der informative Teil des Anlasses am 11. November wird auf Video aufgezeichnet. Diese Aufnahmen werden – nach einer entsprechenden Aufarbeitung und Datenschutz-Prüfung – wenige Tage nach dem Anlass in ganzer Länge auf «www.tposcht.ch» (Startseite) und auf «YouTube» zu finden sein. So haben Sie die Möglichkeit, sämtliche Erklärungen und Details zum Voranschlag 2021 auch von Zuhause aus zu sehen und zu hören.
Fragen per E-Mail: Sie möchten oder können an der Versammlung nicht teilnehmen, haben aber doch Fragen zum Voranschlag 2021? Kein Problem: Schicken Sie Ihre Frage per E-Mail bis spätestens Montag, 9. November, direkt an reto.latzer@teufen.ar.ch. Die Anfragen werden gesammelt und während der Orientierungsversammlung beantwortet – natürlich wird auch dieser Teil im Video sichtbar bzw. Teil der Berichterstattung der «Tüüfner Poscht» sein. gk
Herr Spielmann, Inwiefern hat Corona die Erarbeitung des Voranschlags (VA) beeinflusst?
Die Erstellung des Voranschlages begann in der Mitte des Lockdowns. Die Rahmenbedingungen änderten sich permanent und der weitere Verlauf der Corona-Pandemie war und ist nicht zuverlässig abschätzbar. Der diesjährige Voranschlag beinhaltet daher mehr Ungewissheit als in der Vergangenheit. Namentlich ist die Einschätzung der Steuererträge für das kommende Jahr mit hohen Risiken behaftet. Wir haben uns nach intensiven Diskussionen entschieden, weitgehend die letzte Prognose der kantonalen Steuerverwaltung vom August zu übernehmen. Die Steuerverwaltung ging damals davon aus, dass sich die Wirtschaft im kommenden Jahr deutlich erholen würde. Die aktuelle Entwicklung mit einschneidenden Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stellt diese Annahme indessen zunehmend in Frage. Wir müssen auch damit rechnen, dass die Steuereingänge bei einem unerwartet negativen Verlauf der Pandemie tiefer ausfallen werden als budgetiert.
Im Vergleich zum VA 2020 rechnen Sie mit einem tieferen Fiskalertrag (- 244’200 Franken). Wie konservativ ist diese Einschätzung?
Ich würde diese Einschätzung im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld, das für viele Unternehmen, Selbständige und Haushalte äusserst schwierig ist, nicht konservativ nennen. Ich würde sie eher als ambitiös bezeichnen. Damit will ich sagen, dass der Fiskalertrag auch deutlich tiefer ausfallen kann, sollte sich die Corona-Pandemie nur mit drastischen Massnahmen eindämmen lassen. Wir sind uns diesem Risiko bewusst. Nachdem die Rechnung in den letzten Jahren aber jeweils deutlich besser ausfiel als geplant, entschieden wir uns in diesem Jahr für eine mutige Planung.
Für die kommenden Jahre (2022, 2023 und 2024) gehen Sie weiterhin von mehr Steuereinnahmen aus. Ist das nach wie vor realistisch?
Im derzeitigen Corona-Umfeld würde ich mit einer gewissen Portion Demut sagen, dass alle Steuerprognosen nicht viel mehr als den aktuellen Stand des Irrtums widerspiegeln. Dem weiterhin leicht steigenden Steuerertrag liegt in unserer Planung die Annahme eines moderaten Bevölkerungswachstums zu Grunde.
Der Steuerfuss wurde in den vergangenen Jahren zwei Mal gesenkt (2018 auf 2,9 / 2019 auf 2,8). Ist mittelfristig wieder mit einer Erhöhung zu rechnen?
Ich rechne kurz- und mittelfristig eindeutig nicht mit einer Steuererhöhung. Teufen steht finanziell sehr gesund da. Wir haben noch Reserven aufgrund der positiven Ergebnisse in den letzten Jahren und sind darum für eine – allenfalls schwierige Zukunft – vergleichsweise sehr gut gerüstet.
Erwarten Sie auch bei der aktuellen Rechnung 2020 schon negative Auswirkungen der Pandemie?
Die vielfältigen, aber unumgänglichen Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind mit zusätzlichen Aufwendungen verbunden und in einigen Bereichen rechnen wir mit Mindereinnahmen (z.B. Cafeteria bei den Heimen). Der Steuereingang ist bis September indessen nicht eingebrochen. Von daher sind wir im heutigen Zeitpunkt vorsichtig zuversichtlich, das Budget 2020 einhalten zu können.
Der für das Jahr 2020 gestiegene Personalaufwand (Bildung) soll wieder gesenkt werden. Wie will man das erreichen?
Wir hatten einen markanten Anstieg der Personalkosten von 2019 auf 2020 zu verkraften, der primär auf Entwicklungen im Bildungsbereich zurückzuführen war: Steigende Schülerzahlen und daraus resultierend eine Zunahme der Lehrpersonen. Aufgrund struktureller Anpassungen (z.B. Pensionierungen) und Einsparbemühungen auf allen Ebenen sind wir zuversichtlich, dass in diesem Jahr kein weiterer Anstieg des Personalaufwandes eintreten wird.
Sie rechnen mit Einzahlungen in den Finanzausgleich in Höhe von 4,62 Mio. Franken (+ 130’000 Franken). Der Kanton arbeitet an einem neuen Verteilschlüssel, der im Jahr 2024 in Kraft treten wird. Zahlt Teufen dann noch mehr?
Die zunehmenden Steuerbelastungsunterschiede zwischen den Gemeinden haben den Regierungsrat tatsächlich zu einer Neukonzeption des kantonalen Finanzausgleichs veranlasst. Im 1. Quartal 2021 erfolgt die Vernehmlassung der Neukonzeption und im zweiten Halbjahr 2021 die Beratung im Kantonsrat. Schliesslich hätte dann das Volk das letzte Wort, sollte gegen das Gesetz das Referendum ergriffen werden. Wenn der neue Finanzausgleich aber wie geplant auf Anfang 2024 in Kraft treten wird, dann lässt sich eines schon jetzt klar voraussagen: Teufen – die Gemeinde mit der weitaus höchsten Unterstützungsquote – wird noch stärker zur Kasse gebeten werden.
Die Gemeinde will auch 2021 investieren – die Nettoinvestitionen liegen mit 7,6 Mio. Franken fast gleichauf wie 2020. Und in den darauffolgenden Jahren wird die Zahl noch grösser. Können wir uns das im jetzigen, wirtschaftlichen Umfeld leisten?
Die grösste Investition in den nächsten Jahren ist mit gegen 22 Mio. Franken, verteilt über die Jahre 2022 und 2023, der Neubau des Sekundarschulhauses. Das Volk hat diesen Kredit im Februar dieses Jahres an der Urne gutgeheissen. Unsere mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass wir uns diese und weitere für die Attraktivität der Gemeinde wichtige Investitionen – Stand heute – leisten können. Sollte die finanzielle Entwicklung in Zukunft schlechter ausfallen als erwartet, könnten wir andere Investitionsvorhaben zeitlich nach hinten schieben. Wir sind also in der Lage, rechtzeitig auf eine allfällige negative Ergebnisentwicklung reagieren zu können. Genau hierfür nehmen wir auch eine solide Mittelfristplanung vor: Um rechtzeitig reagieren zu können, wenn etwas anders kommt als geplant.
In Zeiten der Corona-Krise werden Investitionen der öffentlichen Hand noch wichtiger. Was für eine Haltung hat hier die Gemeinde Teufen?
In erster Linie streben wir an, geplante Projekte zeitgerecht umsetzen zu können und nicht verschieben zu müssen. Das Ziel ist also ein antizyklisches Handeln, um insbesondere auch ortsansässigen Gewerbebetrieben die Chance auf Aufträge geben zu können. In dieser Hinsicht kommt uns nun zugute, dass wir als Gemeinde ein gewisses Polster für schlechtere Zeiten angelegt haben. Die momentane Situation zeigt, wie wichtig eine nachhaltige Finanzpolitik in guten Zeiten ist.
Eine der wichtigsten Kennzahlen ist der Nettoverschuldungsquotient. Wie verändert er sich auf 2021 und in den Folgejahren?
Nach der aktuellen Planung nimmt der Nettoverschuldungsquotient ab dem Jahr 2022 zu. Das ist in unserem Fall gleichbedeutend mit dem Abbau des Nettovermögens und dem Entstehen einer Nettoschuld. Oder anders ausgedrückt: Die geplanten Investitionen in den kommenden Jahren müssen mindestens teilweise fremdfinanziert werden.
Wie kritisch ist der unter 0 bzw. auf 0 sinkende Selbstfinanzierungsgrad?
Der tiefe Selbstfinanzierungsgrad zeigt an, dass nach Planung inskünftig nur ein kleiner Teil der Investitionen aus selbst erarbeiteten Mitteln finanziert werden kann. In der kurzen bis mittleren Frist können die Investitionen noch aus erarbeiteten Mitteln aus den letzten Jahren finanziert werden. Anschliessend wird auf Fremdkapital zurückgegriffen werden müssen.
Und was bedeutet die steigende Nettoverschuldung pro Einwohner?
Im Voranschlag 2021 rechnen wir nicht mit einer Abnahme des Nettovermögens. Wir gehen im Gegenteil nochmals von einer leichten Zunahme des Nettovermögens aus. Erst in den Jahren danach kann dann in der Tat eine Nettoverschuldung eintreten. Das wird dann der Fall sein, wenn keine Ertragsüberschüsse mehr erzielt werden, aber Investitionen getätigt werden müssen. Die im Jahr 2022 gemäss aktueller Planung entstehende Verschuldung wäre aber immer noch in einem akzeptablen Bereich. tiz
Nachgefragt bei Gemeindepräsident Reto Altherr
Mit welchen wirtschaftlichen Folgen der Corona- Pandemie rechnen Sie persönlich?
Das hängt stark vom weiteren Verlauf der Corona- Pandemie ab. Mit Einschränkungen müssen wir leben. Ein weiterer Lockdown wäre aber fatal. Deshalb müssen wir alle alles daran setzen, dass es nicht dazu kommt.
Auch wenn wir einen Lockdown verhindern können: Auch eine globale Wirtschaftskrise würde sich den Steuereinnahmen widerspiegeln, oder?
Natürlich. Wenn unsere Unternehmen nicht ins Ausland exportieren können, belastetet das unsere Wirtschaft genau so.
Falls die Prognose des Kantons nicht stimmt und in den nächsten Jahren doch Steuereinnahmen fehlen: Wie schlimm wäre das für Teufen?
Das alte Sprichwort «Spare in der Zeit, dann hast du in der Not» ist hier ganz passend. Glücklicherweise konnten wir uns in den vergangenen, guten Jahren ein finanzielles Polster erarbeiten. Das bedeutet: Auch wenn nun einige schwierigen Jahre folgten, würden wir das durchstehen und könnten die geplanten Projekte trotzdem weiterverfolgen.
Wir sprechen hauptsächlich von den Einnahmen. Hat die Gemeinde auch Mehrausgaben?
Das gibt es in diversen Bereichen – zum Beispiel bei der Besorgung von Hygieneartikeln. Aber diese Beträge halten sich in Grenzen.