Trotz wunderbarem Frühlingswetter war der „Kronen“-Saal in Gais am 7. April sehr gut mit Mitgliedern der Spitex Rotbachtal besetzt. Diesen Grossaufmarsch deutete Präsident Gerhard Frey als Zeichen dafür, dass die Organisation in der Bevölkerung verankert ist und geschätzt wird.
„Daheim statt Heim“. Unter diesen Titel setzte Gerhard Frey seinen Jahresbericht und auch seine einleitenden Ausführungen. Die Spitex als Organisation für die Pflege und Hilfe zu Hause sei in letzter Zeit häufiger als auch schon in den Medien vorgekommen. Er nannte zwei Beispiele: St. Gallen, wo darüber diskutiert wird, ob es vier Spitexorganisationen in der Stadt benötigt, und Bern, wo die Höhe der finanziellen Entschädigung der Präsidentin viel zu reden gibt. Diesbezüglich versicherte Frey, dass die Vorstandsmitglieder der Spitex Rotbachtal ehrenamtlich tätig sind und lediglich eine geringe Unkostenentschädigung erhalten.
Selbstbestimmung erhalten
Auch die Spitex Rotbachtal sei nicht frei vor externen Einflüssen und stehe immer wieder vor neuen Herausforderungen. Zum Thema „Ambulant vor stationär“ fand Gerhard Frey klare Worte: „Die Betroffenen müssen selber entscheiden können, welche Lösung ihren Wünschen entspricht und was gut für sie ist.“ Damit sprach er die Befürchtung an, dass es in Zukunft zu wenig Plätze in Alters- und Pflegeheimen geben könnte. Frey zitierte Prof. Dr. Markus Gmür von der Universität Freiburg: „Spitex-Organisationen wurden dafür geschaffen, professionelle Pflegedienstleistungen zu erbringen, und nicht zur Realisierung politischer Zielsetzungen.“ Dennoch stünden auch die Verantwortlichen der Spitex Rotbachtal hinter dem Grundsatz „ambulant und stationär“. Die Betroffenen sollen die Gelegenheit haben, solange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu verbleiben. Vorgeschrieben werden dürfe ihnen das aber keinesfalls. Deshalb sei es wichtig, genügend Plätze in Institutionen zu schaffen.
Finanzieller Druck
Gerhard Frey umschrieb auch das finanzielle Spannungsfeld, dem alle Beteiligten unterworfen sind. Da auch die Krankenkassen sparen müssen, übernehmen sie nur Leistungen, die über ein ärztliches Zeugnis verschrieben werden. Immer dichtere Regelungen und Verordnungen führen zu einem Anstieg von unproduktiven Arbeitsstunden. Der Kanton seinerseits versuche, die Kosten für die öffentliche Hand zu drücken. So habe er den Tagessatz, welche die Kunden selber tragen müssen, fix auf Fr. 8.– pro Tag festgelegt. „Immerhin hat er nicht den möglichen Höchstansatz von Fr. 15.90 festgelegt“, so der Spitex-Präsident. Er bedauerte, dass selbst in den Gemeinden oft die Meinung herrsche, der Beitrag, den die öffentliche Hand für die Spitexleistungen zahlen müsse, sei zu hoch. Kritisiert würden vor allem die Kosten für die hauswirtschaftlichen und sozialbegleitenden Leistungen. „In unserem Kanton sind erfreulicherweise die hauswirtschaftlichen Leistungen gesetzlich verankert und sollen es auch bleiben“, sagte Gerhard Frey.
Die Spitex Rotbachtal versorge die Kunden in den Gemeinden Teufen, Bühler und Gais sehr gut mit pflegerischen Leistungen. Auch im letzten Jahr hätten diese Leistungen zu einem günstigen Preis erbracht werden können. Die Gemeinden hätten Kosten übernommen, die mehr als 10 Prozent unter den kantonalen Maximalvorgaben gelegen seien, erklärte der Spitex-Präsident.
Weniger Pflegeleistungen
Geschäftsführer Roman John führte aus, dass im letzten Jahr die Nachfrage nach pflegerischen Pflichtleistungen deutlich gesunken ist. Gegenüber dem Vorjahr wurden in diesem Bereich 15 Prozent weniger Leistungen erbracht (8‘780 Stunden). Die Gründe dafür zu eruieren sei schwierig, sie stünden aber auch im Zusammenhang mit vielen Austritten wegen Todesfällen und Übertritten in Alters- und Pflegeheime. Obwohl die Zahl der Kunden angestiegen sei (von 270 auf 289), habe die Zahl der verrechneten Stunden abgenommen, so Roman John. Dies begründete er damit, dass mehr Kurzeinsätze geleistet wurden.
Das Verhältnis von Frauen (204) und Männern (85) ist in etwa gleich geblieben. Zugenommen hat die Zahl der Vereinsmitglieder, nämlich um 12 auf neu 1020.
Bei Erträgen in der Höhe von Fr. 1‘784‘654.10 und Aufwendungen von Fr. 1‘746‘754.54 schloss die Rechnung mit einem Plus von Fr. 37‘899.56. Er sei mit diesem Resultat einigermassen zufrieden, so Präsident Gerhard Frey. Der Verein stehe auf stabilen, gesunden Beinen.
Der Mitgliederbeitrag wurde bei Fr. 30.—belassen.
Dienstjubiläen
Im Rahmen der Mitgliederversammlung wurden zwei Mitarbeiter geehrt: Elsbeth Waldburger (die leider krankheitsbedingt abwesend war) im Bereich Haushilfe für 15 Dienstjahre und der Pflegefachmann Oliver Marmilich für 10 Jahre.
Zudem wurde darüber informiert, dass Jeannine Walser (die Vertreterin der Bevölkerung von Bühler) das Amt der Vizepräsidentin übernommen hat. Vakant ist momentan die Vertretung der Gemeinde Bühler, nachdem Melanie Näf als Gemeinderätin zurückgetreten ist.
Aufgrund von Nachfragen wird abgeklärt, ob das Leistungsangebot der Spitex Rotbachtal erweitert werden soll. Und zwar mit Angeboten, die über den „normalen“ Rahmen hinausgehen und durch die Kunden selber finanziert werden müssten. In diesem Zusammenhang wurde von einem Vereinsmitglied das bereits bestehende Angebot des Haushaltservice im Kanton erwähnt. „Wir wollen andere Organisationen nicht konkurrenzieren und arbeiten bereits Hand in Hand“, beruhigte Gerhard Frey.
Nach dem offiziellen Teil genossen die Mitglieder den von der Gemeinde Gais offerierten Kaffee, die von den Spitex-Mitarbeiterinnen gebackenen Kuchen und den amüsanten Vortrag des Geschichtenerzählers Peter Eggenberger aus Walzenhausen über „Tökter, Luusbuebe ond Paziente“.
Vreni Peterer