"Bei einem Nein zum Tunnel haben wir nichts mehr zu sagen"

07.04.2017 | Erich Gmünder
Orientierungs versammlung Initiativkomitee (5)
Bildbericht: Erich Gmünder Bereits um 1930 Uhr waren alle 160 Sitzplätze besetzt, und rund ein Dutzend Besucherinnen und Besucher mussten mit einem Platz auf der Empore vorlieb nehmen, als am Donnerstagabend das Initiativkomitee seine Argumente für einen Kurztunnel auf den Tisch legte. Da die Vertreter von Kanton, Gemeinde und Bahn auf eine Stellungnahme zu den aufgeworfenen Fragen und Kritikpunkten verzichteten, blieben viele Fragen offen. (Aktualisierung: Stellungnahme der AB am Ende dieses Beitrages) Die Mitglieder des Initiativkomitees strichen die Vorteile der Kurztunnellösung heraus und gingen mit der Doppelspurvariante kritisch ins Gericht. Von einem Verkehrschaos, das insbesondere mit dem geplanten Bahnhofkreisel produziert werde, bis zu einem „Worst-Case-Szenario“, das es zu verhindern gelte, war die Rede. Als Sprecher des Initiativkomitees stellte Werner Hugelshofer eingangs klar: „Bei einem Nein zum Tunnel kommt automatisch die Doppelspur zur Ausführung, und es ist ganz klar, dieser Entscheid wird nicht nochmals in Frage gestellt werden, weil es schlicht und einfach gar keine andere Alternative mehr gäbe.“ Er warnte, die Teufner hätten dann gar nichts mehr dazu zu sagen. Die Dorfgestaltung, die in der Verantwortung der Gemeinde liege, sei dann „bestenfalls Kosmetik, die grosse Linie ist mit der Doppelspur von der Bahn vorgegeben.“ Wie auch immer der Entscheid ausfalle, er bringe grosse Veränderungen für das Dorf mit sich. Die Eingriffe bei der Variante Doppelspur seien aber ungleich grösser, insbesondere durch die optische Verbreiterung des Strassenraums, die Aufhebung der Pförtnerwirkung beim Engpass Elektro Nef und mit dem überdimensionalen Bahnhofkreisel. Beat Bachmann hatte die Initiative lanciert und erfolgreich Mitstreiter um sich geschart. Er schilderte seine Beweggründe und erläuterte, weshalb er sich nicht früher für die Tunnellösung stark gemacht habe. Vorher, als Mitglied der GPK (2006 bis 2016) seien ihm die Hände gebunden gewesen. „Wir gehen von einem Ja aus, und erwarten, dass der Gemeinderat nach dem positiven Volksentscheid im Herbst über einen Projektierungskredit abstimmen lässt und dann 2018 den Bau- oder Objektkredit vor das Volk bringt.“ Er appellierte eindringlich, ein Ja einzulegen, um ein „Worst-Case-Szenario“ zu verhindern. Lebensqualität im Dorf auf dem Spiel Kritisch setzte sich Susan Meier, die einzige Frau im Komitee, mit der Doppelspur auseinander. Der Spielraum bei der Gestaltung des Dorfzentrums werde durch diese Variante massiv eingeschränkt und dieses durch die zusätzlichen Masten- und Oberleitungen verschandelt. Parkplätze müssten weichen, während die Tunnelvariante Freiraum für die Gestaltung schaffe. Der Tunnel würde es auch erlauben, die grossen Anlässe im Dorfzentrum wie Silvester, Adventsnacht oder Gassefescht ohne teuren Busersatz durchzuführen. Ohnehin stelle sich die Frage, ob die Appenzellerbahnen nach der Fahrplanverdichtung weiterhin bereit wären, die Durchfahrt während diesen Anlässen zu sperren. „Mir ist kein Dorf im Appenzellerland bekannt, das auf so engem Raum ein so dichtes Angebot an Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten bietet. All das wäre bei einer Tunnelvariante nicht in Gefahr, und auch ein neues Parkhaus wäre nicht nötig. Auch die Bauzeit und damit die Behinderung der Geschäfte im Zentrum wäre geringer.“ Bereits jetzt erlebe Teufen fast täglich Stausituationen, bei einem verdichteten Fahrplan sei das Chaos perfekt, und die AB könnte den Fahrplan nicht einhalten. „Das ist unser Dorf, es geht um unsere Lebensqualität. Wollen wir ein Dorf sein mit einer Strassenbahn wie in einer Stadt oder ein Dorf, eingebettet in eine hügelige Landschaft, mit intakten Strukturen?“ Kostenberechnungen angezweifelt Kurt Stäheli hatte sich mit den Finanzen auseinandergesetzt und bezweifelte die Kostenschätzungen der Gemeinde. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Gemeinde mit einem Unsicherheitsfaktor von plus/minus 30 Prozent rechne. Die ursprünglichen Kostenschätzungen des Initiativkomitees, das mit 10 Mio. Gemeindeanteil gerechnet hatte, seien präziser als das, was jetzt mit den 24,8 Mio. Franken herausgegeben werde. Auch beinhalte die Doppelspur grosse Positionen, die man sich bei einem Tunnel ersparen könnte. Köbi Brunnschweiler doppelte nach, Teufen könne sich angesichts der gesunden Finanzen den Tunnel leisten, insbesondere wenn man einen Abschreibungshorizont von 40 Jahren annehme. Der alt Baudirektor verschwieg aber nicht, dass auch die Tunnellösung nicht alle Probleme lösen könne, wie beispielsweise den Engpass bei Elektro Nef oder die Tatsache, dass bei den Einmündungen Schützenbergstrasse und Werdenweg Barrieren mit Lichtsignalanlagen nötig wären. Eine kreative Lösung wäre, beim Spar (ehemals Ochsen) analog zum künftigen Südportal im Riethüsli eine neue Haltestelle zu planen. Umgekehrt wäre bei der Tunnellösung der überdimensionierte Kreisel inklusive Lichtsignalanlage bei der Bahnhofkreuzung nicht nötig. Diesem müssten Parkplätze beim Bahnhof, der Veloständer sowie das Wetterhäuschen weichen. Die Tieferlegung des Bahnhofs um 3,5 bis 4 m wäre im Vergleich dazu ein verkraftbarer Eingriff. Mehr Stau auf der Hauptstrasse Christian Ehrbar ging auf weitere problematische Punkte der Doppelspur ein. So sei unter anderem geplant, zwei Haltestellen künftig auf die Strasse zu verlegen, was zu grossen Behinderungen des Individualverkehrs führen werde. „Wenn Sie Ja sagen zur Doppelspur, sagen Sie auch Ja zu längeren Standzeiten“, warnte er. Die von der Gemeinde ins Spiel gebrachte Verlängerung der Doppelspur bis Niederteufen (60 Mio. Fr.) müsste von der Gemeinde selber bezahlt werden. Jakob Brunnschweiler bezeichnete diese schlicht als nicht nötig, sei doch auf diesem Abschnitt die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer nicht beeinträchtigt. Eine leise Hoffnung Mit einer Ausnahme äusserten sich in der Diskussions- und Fragerunde sämtliche Votanten gegen die Doppelspur. Allerdings wurde auch bedauert, dass die bessere und nur rund 10 Mio. Franken teurere Langtunnelvariante nicht mehr zur Diskussion stehe. „Hätte man diese Orientierungsversammlung bereits vor der letzten Abstimmung 2015 gemacht, wäre das Resultat sicher anders herausgekommen“, sagte Peter Graf, der die leise Hoffnung äusserte, dass diese Variante allenfalls im Laufe des Entscheidungsprozesses nochmals zur Diskussion gestellt werden könnte. „Ob bei einem Ja zur Initiative der Weg für die bessere Variante aufgetan werden könnte, kann ich nicht beantworten, ich kann es nur hoffen“, sagte dazu Werner Hugelshofer und löste damit da und dort Schmunzeln aus. Abstimmungsinformation der Gemeinde Die anwesenden Vertreter der Gemeinde und der Bahn machten sich eifrig Notizen, verzichteten aber darauf, zu den zahlreichen aufgeworfenen Fragen und Kritikpunkten Stellung zu nehmen. Gemeindepräsident Reto Altherr verwies auf die Orientierungsversammlung der Gemeinde vom 3. Mai, an der einige Fakten geklärt würden, wie er andeutete. Vertiefte Informationen enthalte auch das Abstimmungsedikt, das nach Ostern verteilt und auch auf der Homepage der Gemeinde aufgeschaltet werde. Auch das Initiativkomitee habe darin Platz erhalten und könne an der Orientierungsversammlung ebenfalls seine Sicht der Dinge einbringen. Ein Problem – zwei Lösungswege „Wir haben ein Problem, und wir haben zwei verschiedene Wege, um das Problem zu lösen“, sagte Werner Hugelshofer in seinem Schlusswort. Das Interesse der AB sei legitim. „Sie suchen eine Fahrzeitverkürzung, sie suchen Fahrplan-Stabilität, sie suchen Sicherheit im Verkehr. Wir streben Sicherheit an, wir streben Gestaltungsfreiheit an, wir streben weniger Eingriffe ins Dorfzentrum, weniger Autobahn durchs Dorf an. Sie werden am Schluss entscheiden.“ Und weiter: „Wir stehen am 21. Mai vor einem ganz entscheidenden Punkt. Wenn Sie Ja sagen, geht es weiter, wenn Sie Nein sagen, dann kommt die Doppelspur, dann ist fertig Tunnel. Sie haben es in der Hand. Sie werden selbstverständlich am 3. Mai an der Orientierungsversammlung der Gemeinde wahrscheinlich eine alternative Sicht zu heute Abend erhalten. Logisch, der Gemeinderat empfiehlt ja mit 9:0  Stimmen, die Doppelspur zu verfolgen und steht auf der anderen Seite. Hören Sie aber auch dort genau zu und bilden Sie sich dann Ihre Meinung.“  

Haltestellen auf der Hauptstrasse?

Die Information im Votum von Christian Ehrbar, dass zwei Haltestellen der künftigen Strassenbahn, nämlich im Bereich Stofel und beim Sternen, auf die Strasse verlegt und dadurch der Verkehr massiv behindert würde, hat am Orientierungsabend viele Besucherinnen und Besucher  aufhorchen lassen. Auch Gemeindepräsident Reto Altherr hatte noch nie von diesen Plänen gehört. Thomas Baumgartner, Direktor der Appenzeller Bahnen, nimmt auf Anfrage der Tüüfner Poscht im Nachgang zur Orientierungsversammlung Stellung dazu und tritt dieser Darstellung entgegen: “Dieser Sachverhalt ist falsch. Wir sind zurzeit im Variantenstudium, z.B. zur Frage, wo hört die Doppelspur auf, und prüfen im Moment mehrere Varianten. Die Varianten umfassen Haltestellen auf der Kantonsstrasse, aber auch Haltestellen auf der Seite, so wie sie heute sind. In diesem Variantenverfahren  führen wir auch Gespräche mit den betroffenen rund zehn Grundeigentümern. Wir legen die Karten offen auf den Tisch und wollen ihre Meinung dazu hören, mit dem Ziel, nachher eine Win-Win-Situation für alle Betroffenen zu erhalten. In diesem Zusammenhang haben wir auch mit Herrn Ehrbar gesprochen. Dass er diese Informationen nun an die Öffentlichkeit getragen und so dargestellt hat, wie wenn schon alles entschieden wäre, ist eindeutig nicht der Fall. Es ist noch kein Entscheid getroffen worden. Die Geschäftsleitung der Appenzeller Bahnen wird vermutlich im Mai/Juni die Varianten erstmals beurteilen und dann zusammen mit Gemeinde und Kanton einen Grundsatzentscheid über die künftige Stossrichtung fällen und danach offen kommunizieren.»

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