Teufen und Bühler sollen sich zu einer Gemeinde zusammenschliessen, und weitere mögliche Fusionspartner wie Gais und Stein ins Boot holen. Dies unisono die Meinung an der Versammlung der FDP Bühler gestern Abend im Restaurant Ochsen.
Auslöser war laut Ortsparteipräsident Gilgian Leuzinger ein Gespräch am Rande des Neujahrsapéros, den die beiden befreundeten Ortsparteien seit Jahren jeweils gemeinsam durchführen.
Leuzinger erzählte, er könne sich nicht mehr genau erinnern, wer den Anfang gemacht habe, aber jedenfalls hätten er und ein Teufner FDP-Politiker spontan zueinander gesagt: „Eigentlich könnte man die Gemeinden Teufen und Bühler wieder zusammenlegen.“ (*)
Der Vorschlag sei bei einem Treffen der FDP Bühler mit Vorstandsmitgliedern der FDP Teufen auf offene Ohren gestossen. Deshalb wollen nun die beiden Ortsparteien an einem gemeinsamen Workshop am 18. März im Zeughaus Teufen ihre Mitglieder befragen, was sie von einem Zusammenschluss halten, und damit „einen Prozess anstossen“. Hauptziel sei, eine Gemeinde zu schaffen, „die fit ist für die Zukunft.“
Demokratie-Defizit
Unter den anwesenden elf Mitgliedern und Sympathisanten der FDP Bühler stiess die Idee jedenfalls spontan auf grosse Zustimmung. Alle Hände gingen in die Höhe, als der Präsident in einer Ad hoc-Konsultativabstimmung die Stimmung auslotete. Wie repräsentativ das Stimmungsbild angesichts des mageren Besuches ist, bleibt vorderhand offen. Leuzinger sagte jedoch, er habe schon mit verschiedenen Leuten in Bühler diskutiert und noch nie jemanden getroffen, der diese Idee abwegig finde.
Zur Begründung wurde an der Versammlung selber angeführt, dass bereits in mehreren Bereichen erfolgreich gemeindeübergreifend zusammengearbeitet werde: Grundbuchamt (in Teufen), Zivilstandsamt (in Bühler), der gemeinsame Feuerwehr-Zweckverband TBG (Teufen-Bühler-Gais), das Betreibungsamt, die Sozialdienste Mittelland, die Musikschule MSAM, die Feuerschau oder die regionale Wasserversorgung Appenzell-Mittelland, die Abwasserreinigung (Teufen mit Stein), aber auch die Baubewilligungsbehörde (gemeinsames Sekretariat in Teufen).
Anderseits ortet Leuzinger in den jetzigen Strukturen ein „Demokratie-Defizit“: Sowohl Bühler wie Gais haben die Kirchhöri (Bürgerversammlung) abgeschafft, und durch die Bildung von Zweckverbänden würden die demokratischen Rechte beinahe ausgehebelt, wie Leuzinger am Beispiel des Feuerwehr-Zweckverbandes schildert, den er notabene selber präsidiert. Auch sei es in Bühler schwierig geworden, geeignetes Personal für die Behörden zu finden. Leuzinger schwebt vor, die Mitsprache der Bevölkerung durch die Schaffung eines Gemeindeparlamentes – analog zum Einwohnerrat Herisau – sicher zu stellen.
Ein Zusammenschluss würde es nicht nur erlauben, Aufgaben effizienter zu erfüllen und Synergien zu nutzen. Bühler verfügt auch noch über grössere Baulandreserven, und durfte in den letzten Jahren einige Industrieansiedlungen registrieren (Goba, Locher-Bier, aber auch Teufner Betriebe wie die Zimmerei Heierli). Und nur hinter vorgehaltener Hand wurden Abend auch finanzielle Vorteile für Bühler genannt, das mit 4,3 Steuereinheiten hinter Hundwil (4,7) und Waldstatt (4,50) den dritthöchsten Steuerfuss aufweist (Steuerfüsse AR 2015, PDF).
Gilgian Leuzinger ist FDP-Kantonsrat und Mitglied der „IG starkes Ausserrhoden“, welche die Fusionsdiskussion in Ausserrhoden angestossen hat. Bisher sei die „heisse Kartoffel“ hin- und hergeschoben worden. Anstatt die betroffenen Gemeindebehörden zu fragen, wie das die Regierung bislang gemacht habe, müsste der Anstoss jedoch von unten kommen.
Widerstand ortet Leuzinger am ehesten in der Politik: So habe sich die Gemeindepräsidentin von Bühler als Präsidentin der Gemeindepräsidienkonferenz AR letzten Herbst eher skeptisch zu den Bestrebungen der IG starkes Ausserrhoden verlauten lassen.
Zu Befürchtungen, dass die Verbundenheit mit dem Dorf verloren gehe, sagt Leuzinger: Die Bewohner identifizierten sich nicht mit der Gemeindeverwaltung, sondern mit ihren Vereinen, der Schule, Kirche oder dem Quartier in ihrem Dorf. Daran würden auch neue Gemeindestrukturen nichts ändern.
Erich Gmünder
Am 18. März im Zeughaus
Die beiden FDP-Ortsparteien laden ihre Mitglieder am 18. März zu einem Workshop ins Zeughaus ein. Und machen gleich klar, dass sie den Perimeter weiter ziehen: Auch die Vorstände der FDP-Ortsparteien von Gais und Stein sind eingeladen. In Teufen informierte Ortsparteipräsident Paul Studach am Rande der Hauptversammlung vom 9. Februar über die Gespräche mit Bühler und machte Werbung für den Anlass im Zeughaus.
Grösstes Hindernis für einen Zusammenschluss ist der Art. 2 in der Kantonsverfassung, der sämtliche 20 Gemeinden namentlich aufzählt. Damit nicht bei jeder Fusionsabsicht die ganze Kantonsbevölkerung befragt werden muss, soll dieser ersatzlos gestrichen werden.
Notabene
(*)Der Zusammenschluss von Bühler und Teufen würde für den kleineren Partner eine Art Rückkehr bedeuten. Die Bühlerer besuchten seit dem Bau der ersten Kirche in Teufen den Gottesdienst und wurden nach der Landteilung von 1597 ganz offiziell zu Teufen geschlagen. Erst 1723, nach der Einweihung der eigenen Kirche, erhielt Bühler eine eigene Kirchhöri, wie einer Chronik der Gemeinde Bühler von Marco Knechtle auf www.buehlerar.ch zu entnehmen ist.
Gemeinde Rotbachtal mit 12’300 Einwohnern?
Mit einem Zusammenschluss von Teufen (6127 Einwohner) mit Bühler (1735 Einwohner) entstände eine Gemeinde mit fast 8000 Einwohnern. Würde man Gais (3089) und Stein (1307 dazuschlagen, käme die künftige Fusionsgemeinde „Rotbachtal“ auf 12’300 Einwohner und läge damit knapp hinter Herisau (15’400 Einwohner).