Damit liegt erstmals ein detailliertes Projekt einer möglichen Alternative zur oberirdischen Doppelspur vor. Ziel ist es, zwei gleichwertig ausgearbeitete Projekte einander gegenüber-zustellen, damit Bevölkerung und Gemeinderat am Ende über eine solide Entscheidungs-grundlage verfügen.
Zusammenarbeit mehrerer Partner
Das nun abgeschlossene Vorprojekt wurde von der Ingenieurgemeinschaft Unter Teufen in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Teufen und den Appenzeller Bahnen erarbeitet – fachlich begleitet von der ARX Gruppe AG. «Die Arbeiten dienten dazu, den Auftrag der Bevölkerung konkret umzusetzen und eine solide Grundlage für die nächste Projektphase zu schaffen», erklärt Gemeindepräsident Reto Altherr.
Ein Schwerpunkt in beiden Projekten liegt auf der Schaffung eines robusten Fahrplans, welcher den Viertelstundentakt ermöglicht und Störungen – beispielsweise infolge Verspätungen – rasch abbauen kann. Dafür braucht es im Abschnitt zwischen Teufen und Sternen einen längeren Abschnitt mit Doppelspur, damit die Züge dort kreuzen können. Die Fahrplanstabilität und die Fahrplanrobustheit der Alternativvariante wurde durch die Firma SMA und Partner AG überprüft – ein auf Verkehrsplanung und Bahnbetriebsanalysen spezialisiertes Unternehmen. Die durchgeführten Analysen bestätigen, dass die vorliegende Tunnelvariante die Anforderungen an einen stabilen und robusten Bahnfahrplan erfüllt. Dafür ist die im Vorprojekt geplante unterirdische Kreuzungsstelle zwischen der Haltestelle Stofel und dem Egglirank notwendig. Eine weiter westlich «im Egglirank» liegende Kreuzungsstelle wäre zu kurz und der vorhandene Platz dort reicht nicht aus für den Bau der Kreuzungsstelle.
Neue Ansätze bei Bahnhof und Haltestelle
Im Bereich des Bahnhofs Teufen sieht das Vorprojekt eine Absenkung der Bahnstrecke um rund zweieinhalb Meter vor. Der Zugang zu den Gleisen erfolgt über eine Rampe von Nord-westen her, was einen hindernisfreien (behindertengerechten) Zugang auf das Hauptperron ermöglicht. Der Zugang auf das Mittelperron erfolgt mit einem ebenfalls hindernisfreien Zugang (über eine Passerelle) südlich der Speicherstrasse und von dort aus über eine Lift- und Treppenanlage auf den Mittelperron.
Bei der unterirdischen Haltestelle Stofel wurden verschiedene bauliche Lösungen geprüft. Vorgesehen ist eine Ausführung mit zwei Aussenperrons – die ebenfalls detailliert untersuch-ten Varianten mit einem Mittelperron zwischen den beiden Gleisen wurden aus Platz- und Kostengründen verworfen.
Geologische Untersuchungen sichern Kostengenauigkeit
«Das Vorprojekt bildet nun die Grundlage für ein kostenoptimiertes und baubares Bauprojekt», sagt Altherr. Eine zentrale Rolle spielen dabei die geplanten geologischen, geotechnischen und hydrogeologischen Untersuchungen. «Sie liefern entscheidende Daten über den Baugrund und bilden die Basis für eine verlässliche Kostenschätzung.»
Werner Kalunder, externer Gesamtprojektleiter der ARX Gruppe AG, ergänzt: «Die Geologie ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren bei Tunnelbauten.» Denn: Je genauer die Bau-grund- und Grundwasserverhältnisse und die bodenmechanischen Eigenschaften bekannt sind, desto präziser können Bauweise, Zeitplan und Kosten bestimmt werden. «Das Ziel bei den Baukosten ist eine Genauigkeit der Kostenschätzung von plus/minus zehn Prozent wie beim Projekt Doppelspur.», betont Altherr.
Im Rahmen des Bauprojekts werden zudem verschiedene Bauphasen geprüft. Die Bauphasen sollen grundsätzlich möglichst kurzgehalten werden. Gleichzeitig sind die verschiedenen technischen Varianten auf Verträglichkeit für Bevölkerung und Gewerbe zu prüfen. Das Bauprojekt mit dazugehörigen Kosten soll bis Ende Sommer 2026 vorliegen. Gleichzeitig zur Ausarbeitung des Bauprojekts werden Gespräche mit Bund und Kanton geführt, was die Kostenaufteilung, im Falle einer Weiterverfolgung der Tunnelvariante, anbelangen würde.
Die Bevölkerung wird voraussichtlich Ende 2026 oder Anfang 2027 über den Kreditantrag zur Tunnelvariante entscheiden können. Diese Abstimmung entscheidet dann, welche der beiden Varianten – «Doppelspur» oder «Tunnel» – realisiert wird.
«Je genauer der Untergrund bekannt ist, desto genauer können die Kosten geschätzt werden.»
Kurzinterview mit Werner Kalunder, externer Gesamtprojektleiter der ARX Gruppe AG zum Tunnel-projekt Teufen
Herr Kalunder, das Vorprojekt für die Tunnelvariante ist abgeschlossen. Was war in dieser Phase besonders anspruchsvoll?
Wir mussten viele Einzelaspekte zusammenbringen – vom Bahnbetrieb über die Geologie bis zur Bauabwicklung. Ziel war es, eine technisch machbare, genehmigungsfähige und zugleich wirtschaftliche Variante zu entwickeln. Das ist uns gelungen. Jetzt verfügen Gemeinde und Appenzeller Bahnen über eine solide Grundlage, auf der das nun anschliessende Bauprojekt aufbauen kann.
Warum sind die geplanten geologischen Untersuchungen so wichtig?
Die Geologie ist bei einem Tunnel der grösste Unsicherheitsfaktor. Bohrungen, Sondierungen und Material- und Grundwasseranalysen zeigen, wie der Untergrund zusammengesetzt ist, welche Antwort die Ingenieure darauf geben müssen und wo schwierige Zonen liegen, in welchen die Bauten mit besonderer Sorgfalt projektiert werden müssen. Diese Erkenntnisse beeinflussen die Bauweise, die Bauzeit und die Kosten. Je besser wir den Baugrund kennen, desto präziser können wir planen – und desto genauer sind die Aussagen zur Bauzeit und zu den Kosten.
Die Gemeinde spricht von einer Genauigkeit der Kostenschätzung von plus/minus 10 Prozent. Ist das realistisch?
Ja. Das ist ein hoher, aber erreichbarer Anspruch – vorausgesetzt, die geologischen Untersuchungen liefern verwertbare Daten. An der Genauigkeit der Kostenschätzung wird nicht gerüttelt, sie ist für ein transparentes und mit dem Strassenbahn-Doppelspurprojekt vergleichbarem Alternativprojekt zentral.
In der Präsentation war vom «Gegenangriff Stofel» die Rede. Was bedeutet das?
Im Bereich Stofel ist neu ein direkt über der Tunnelachse liegender Bauschacht vorgesehen, von dem aus ein Teil des Tunnels zusätzlich von Osten her vorgetrieben werden kann. Dieser Gegenangriff- verkürzt die Bauzeit deutlich, weil von beiden Richtungen aus gleichzeitig gearbeitet werden kann. Das Prinzip des gleichzeitigen Vortriebs eines Tunnels von beiden Portalen aus ist bei einem bergmännisch erstellen Tunnel in der Regel die kostengünstigste und zeitsparendste Variante des Baus.
Auch die Bauphasen werden noch genauer geprüft. Worum geht es dabei?
Es gibt zwei Hauptstrategien: eine intensive Bauweise mit einer zeitlich begrenzten vollständigen Sperrung der Hauptstrasse und der Bahngleise zwischen Stofel und Egglirank oder eine Bauweise unter ständiger Aufrechterhaltung des Bahn- und Strassenbetriebs. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile – beim Aufwand, bei den Kosten und bei der Belastung der Bevölkerung und des Gewerbes. Diese Abwägung und die Entscheidung für die eine oder andere Variante wird im Bauprojekt gestützt auf Fakten und natürlich im Dialog zwischen Planer und der Gemeinde vorgenommen.
Das Projekt wird digital geplant. Welchen Nutzen hat das konkret?
Wir arbeiten mit der sogenannten BIM-Methode (Building Information Modeling). Dadurch entsteht ein millimetergenauer präziser digitaler Zwilling des gesamten Bauwerks im ebenfalls exakt abgebildeten Modell des Bestands. Alle Beteiligten greifen auf dieselben Modelle zu – von der Linienführung über den Tunnelquerschnitt bis zu den Werkleitungen. Das erhöht die Planungssicherheit und erlaubt, Varianten ohne grossen zusätzlichen Aufwand rasch zu visualisieren und zu vergleichen. Alle Mengen und die Kosten der einzelnen Bauwerksteile sind im Modell genau eingepflegt, was für die geforderte präzise Schätzung der Baukosten sehr vorteilhaft ist.
Was nehmen Sie persönlich aus dieser Projektphase mit?
Dass die sorgfältige Erarbeitung von Umsetzungsvarianten und deren sorgfältiger Vergleich hinsichtlich verschiedener Beurteilungskriterien Zeit braucht – sich aber in diesem Projekt ausbezahlt hat. Die Planergemeinschaft IG Unter Teufen hat durchwegs kostenoptimierte Lösungen vorgeschlagen. Mit dem Vorprojekt liegt daher nun eine fundierte Basis für das Bauprojekt vor. Das Ziel ist es, am Ende zwei gleichwertige und vergleichbare Projekte zu haben, die einen sachlichen Entscheid darüber ermöglichen, welche Lösung für Teufen langfristig die beste ist.