




Ein Mann beginnt ein Leben zu erzählen. Sein erlebtes Leben? Oder seine Vorstellung von einem Leben? Der zweite Mann mischt sich ein, hat andere Vorstellungen. Bruchstücke einer Biografie werden vorgeschlagen und wieder verworfen. Wessen Leben ist es eigentlich? Der Mann heisst Horst und er sucht eine Frau, soviel erfährt man. Wie und wo Horst auf Partnersuche geht, das wird in teils absurden Versionen sehr bildhaft erzählt, mal tragisch, mal komisch, mal verzweifelt. So verzweifelt, dass er bei der Verfolgung einer angehimmelten Velofahrerin einen Verkehrsunfall erleidet. Lebt Horst noch oder sind wir bereits in einer Zwischenwelt? Wie auch immer: Er hat Pech in der Liebe, das weiss er nun. Und wer keinen Puls hat, spart Energie, auch das ist sicher.
Bei Halbzeit des Theaterabends ist man sich einig: Die Vergangenheit ist der Schlüssel zur Biografie. Aber können wir den Erinnerungen trauen? Vater und Grossvater scheinen Schlüsselfiguren zu sein und bekommen einen Platz auf der Bühne. Es geht zu wie bei einer therapeutischen Familien-Aufstellung. Wird hier gerade ein transgenerationales Trauma behandelt? Bevor wir uns in psychologischen Deutungen verlieren, kommt ein Sturm auf, meisterhaft dargestellt vom Saxofonisten, der alle Register seines Instruments zieht. Der Sturm ebbt ab, die beiden Figuren versuchen nochmals, einen Anfang zu finden. Aber nun mischen sich Person und Schatten. Wer handelt, wer kommentiert? Auch die letzten Gewissheiten lösen sich auf.
Das Bühnenstück, das als «barfüssige Groteske» angekündigt war, wird diesem Anspruch gerecht. Bei keinem Satz konnte man den nächsten erraten. Bei keiner angefangenen Geschichte ahnte man den Verlauf. Und trotzdem klang immer wieder etwas an: Ja, so ist es manchmal, das Leben. Den zwei Schauspielern gelang es, mit ihrem mitreissenden Spiel das Publikum auch auf die absurdesten Umwege der Geschichte mitzunehmen. Und die Musik war immer ganz nahe mit dabei. Mal mitfühlend, mal antreibend, immer sensibel. Man spürte, was die Künstler nachher im Gespräch bestätigten: Das Stück ist nicht auswendig gelernter Stoff, es ist prozesshaft entstanden und professionell auf den Punkt gebracht. Vielleicht ist bei aller Groteske ein bisschen Autobiografie dabei?





